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Wolfgang Friedrich Gutmann

Wolfgang Friedrich Gutmann

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Biography

Wolfgang Friedrich Gutmann (* 13. Mai 1935; † 15. April 1997) war ein deutscher Biologe; er war Begründer der Frankfurter Evolutionstheorie. Nach seinem Abitur an der Helmholtzschule studierte er in Frankfurt am Main Biologie mit Schwerpunkt Zoologie, Paläontologie, Chemie und Philosophie. Er promovierte im Jahr 1961 bei Wilhelm Schäfer mit der Arbeit „Funktionelle Morphologie von Balanus balanoides“ zum Dr. phil. nat. Im Jahr 1978 habilitierte er sich am Fachbereich Biologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt und wurde im Jahr 1984 zum Honorarprofessor berufen.

Vita und Allgemeines

Wolfgang F. Gutmann begann seine wissenschaftliche Karriere in Wilhelmshaven bei Senckenberg am Meer als DFG-Stipendiat. Im Jahr 1964 kam er nach Frankfurt am Main und übernahm dort die wiedergegründete Sektion für Funktionelle und Vergleichende Anatomie am Forschungsinstitut Senckenberg. Die alte vergleichend-anatomische und embryologische Sammlung bei Senckenberg war bis dahin über viele Jahrzehnte nicht mit einem Wissenschaftler besetzt. Gutmann widmete sich zum einen der Sammlungsbearbeitung und arbeitete zum zweiten intensiv an funktionsmorphologischen Fragestellungen weiter, die er bereits in Wilhelmshaven entwickelt hatte.

Forschungsschwerpunkt

Die Forschungsschwerpunkte von Gutmann lagen in der vergleichend-anatomischen und histologischen Bearbeitung von Tieren aller Art. Er war nicht auf eine Tiergruppe spezialisiert, sondern interessierte sich für den funktionellen Zusammenhang aller Organismen, vornehmlich auf der Ebene der Baupläne (Phyla). Auf der Suche nach einem gemeinsamen Grundprinzip des Lebens stieß er bereits früh auf den Aspekt des hydraulischen Skelettes. Gutmann erkannte darin eine grundsätzliche neue Interpretationsmöglichkeit für Organismen und entwickelte diese Betrachtungsweise als sogenannte Konstruktions-Morphologie, die letztendlich zur Basis der Frankfurter Evolutionstheorie wurde.

Leistungen

Als wahrscheinlich bedeutendste Leistung von Gutmann ist die Etablierung einer auf die Körperform und Körperkonstruktion der Organismen hin ausgerichtete Morphologie anzusehen (Konstruktions-Morphologie). Gutmann erkannte als einer der ersten Biologen die Bedeutung und Funktion flüssigkeitsgefüllter Hohlräume im Körperbau der Organismen. Mit Formulierung der Hydroskelett-Theorie erfolgte Anfang der 1970er Jahre eine detaillierte Zurückweisung der Archicoelomaten-Theorie, der zufolge die Lophophorata (syn. Tentaculata) basale Bilaterier sein sollten. Die Archicoelomaten-Theorie dominierte in den 1960er und 1970er Jahren die zoologische Systematik des deutschsprachigen Raumes. Heute wird Gutmanns Argumentation auch durch molekularbiologische Daten bestätigt.

Gutmann entwickelte über mehrere Jahrzehnte hinweg einen neuen evolutionsbiologischen Forschungsansatz, der zunächst als Hydroskelett-Theorie, dann als Kritische Evolutionstheorie und seit Ende der 1980er Jahre als Frankfurter Evolutionstheorie bekannt geworden ist.

Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde Gutmann 1998 posthum mit der Cretzschmar-Medaille, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, ausgezeichnet. Damit wurde seine besondere Leistung, neue Wege in der Morphologie und Evolutionsbiologie bereitet und beschritten zu haben, gewürdigt.

Schriften (Auswahl)

  • Die Hydroskelett-Theorie. In: Aufsätze und Reden der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, Bd. 21 (1972), S. 1–91, ISSN 0341-4094.
  • Vom Hydroskelett zum Skelettmuskelsystem. Eine biotechnisch begründete Evolutions-Studie. In: Mitteilungen des Institutes für leichte Flächentragwerke der Universität Stuttgart (IL), Jg. 4 (1972), S. 16–38.
  • Brachiopods. Biomechanical interdependences governing their origin and phylogeny. In: Science, Bd. 199 (1978), S. 890–893, ISSN 0036-8075 (zusammen mit Klaus Vogel und Holger Zorn) doi:10.1126/science.199.4331.890
  • Die Evolution hydraulischer Konstruktion. Organismische Wandlung statt altdarwinistischer Anpassung (Senckenberg-Buch). 201 S. Kramer, Frankfurt/M. 1989, ISBN 3-7829-1112-1.
  • Kritische Evolutionstheorie. Ein Beitrag zur Überwindung altdarwinistischer Dogmen. 227 S., Gerstenberg, Hildesheim 1981, ISBN 3-8067-0874-6 (zusammen mit Klaus Bonik).

Literatur

  • Manfred Grasshoff: Wolfgang Friedrich Gutmann †. In: Natur und Museum, 127 (8) 1997 : S. 281–284.
  • Michael Gudo, Bernhard Hubmann: Fremdkörpereinschlüsse in fossilen Korallenskeletten aus Sicht der Konstruktionsmorphologie. In Memoriam Wolfgang Friedrich Gutmann, Geologisch-Paläontologische Mitteilungen Innsbruck, 22, 1997, S. 43–59.
  • Michael Gudo: The development of the critical theory of evolution: The scientific career of Wolfgang F. Gutmann. – Theory of Biosciences, 121 (1) 2002 : S. 101–137.
  • Sascha Karberg: Der glibberige Ursprung der Tiere, in: Bild der Wissenschaft, 10, 2014, S. 22–27 (online).
  • Detlef Weinich: Ein Vermächtnis für die theoretische Biologie des 21. Jahrhunderts. Nachruf auf Wolfgang Gutmann. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 16, 1997, S. 549–574.
  • Detlef Weinich: Wolfgang Gutmann und die „Organismuszentrierte Theorie“ in neuerer Sicht. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 22, 2003, S. 323–330.

Anmerkungen


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