Melitta Wiedemann
Quick Facts
Biography
Melitta Wiedemann (* 2. April 1900 in Sankt Petersburg; † zwischen 1977 und 1983) war eine deutsche Journalistin und Publizistin.
Leben
Wiedemann wurde als Tochter deutscher Eltern in Sankt Petersburg geboren. Sie wuchs dort und später in Teheran auf. In der Klosterschule der Heiligen Nina in Baku wurde ihr eine humanistische Erziehung zuteil.
Ab den frühen 1920er Jahren lebte Wiedemann in Deutschland, wo sie als Journalistin zu arbeiten begann. Um 1928 trat Wiedemann in die Redaktion der nationalsozialistischen Zeitung Der Angriff ein, für die sie bis Anfang 1931 tätig war. Etwa zur selben Zeit wurde sie Mitglied der NSDAP. Bis zu ihrer Entfernung aus der Redaktion des Angriffs im Gefolge des Stennes-Revolte von 1931 arbeitete Wiedemann in Pressefragen eng mit Joseph Goebbels als dem Herausgeber der Zeitung zusammen. Während ihrer Zusammenarbeit erkannte Goebbels zwar das handwerkliche Können von Wiedemann an, die er ironisch als „das einzige Mannsbild“ in der Redaktion des Angriffs beschrieb, distanzierte sich aber aufgrund von wachsendem persönlichem Misstrauen – im März 1931 schrieb Goebbels in sein Tagebuch, Wiedemann sei „der böse Geist“ der Redaktion und hielt fest: „Eine Frau wird Macht immer missbrauchen“ – immer stärker von ihr.
Von Juni 1935 bis Mai 1936 war Wiedemann Schriftleiterin des Sonntagsblattes Zeitschrift Evangelium im Dritten Reich (EvDR), einem Organ der Deutschen Christen (DC), sowie ab 1935 Schriftleiterin der Wochenzeitung Positives Christentum, ein Kampf- und Führerblatt der DC-Reichsleitung.
Während des Zweiten Weltkriegs unterhielt Wiedemann enge Kontakte zu führenden SS-Funktionären, darunter auch Heinrich Himmler, Reinhard Heydrich. Außerdem arbeitete sie dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zusammen.
Von 1939 bis 1944 war Wiedemann Hauptschriftleiterin und Herausgeberin der Zeitschrift Die Aktion. Kampfblatt gegen Plutokratie und Volksverhetzung (zeitweise auch mit dem Untertitel Kampfblatt für das neue Europa), die vor allem durch ihren rabiaten Antisemitismus auffiel. Trotz der von ihr vertretenen rassistischen Anschauungen – so der Betonung des hohen Wertes des germanisch-deutschen Blutes – wandte Wiedemann sich während des Zweiten Weltkrieges gegen die Klassifizierung der Bewohner von Russland als „Untermenschen“, was sie in ihrer Korrespondenz mit Heinrich Himmler unter anderem mit dem Verweis auf den Mut und die Kampfkraft der Rotarmisten im Krieg zu belegen suchte. Stattdessen plädierte sie für den Aufbau der Wlassow-Armee und den Schulterschluss mit den Völkern der Sowjetunion gegen „den Bolschewismus“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg betätigte Wiedemann sich weiterhin als Publizistin und als Übersetzerin. Letztmals öffentlich hervor trat sie in den 1970er Jahren, als sie sich in die damalige Reichstagsbrandkontroverse zwischen dem sogenannten Luxemburger Komitee, das die Nationalsozialisten als die Verantwortlichen für den Brandt des Reichstagsgebäudes im Februar 1933 betrachtete, und der Gruppe um Fritz Tobias, die eine Alleintäterschaft des Niederländers Marinus van der Lubbe als erwiesen ansah, einschaltete.
Publikationen
- Die neuen hauswirtschaftlichen Berufe, 1928.
- Frau, Wirtschaft und Kultur, 1929.
- Die Sünde wider das Leben. Die Kunst entlarvt den Bolschewismus, in: Die Aktion vom Februar 1944, S. 97–105
- Zukunft im Zeichen des Eros, 1962.
Literatur
- Walter Birnbaum: Zeuge meiner Zeit - Aussagen zu 1912 - 1972. Musterschmidt, Göttingen, Frankfurt [Main], Zürich 1973.