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Joachim Lietzmann

Joachim Lietzmann

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Biography

Joachim Lietzmann (* 1. September 1894 in Kiel; † 19. September 1959 in Hameln) war ein deutscher Vizeadmiral im Zweiten Weltkrieg.

Leben

Am 1. April 1911 trat Joachim Lietzmann in die Kaiserliche Marine ein. Er durchlief eine seemännische Grundausbildung auf dem Großen Kreuzer Hansa. Nach dem Besuch der Marineschule Mürwik nahm er an Speziallehrgängen teil und bereitete sich in der Endphase auf seinen ersten Auslandseinsatz vor.

Am 15. Oktober 1913 trat Lietzmann die Reise nach Ostasien an. Im Dezember 1913 kam er in Tsingtau in der deutschen Kolonie Kiautschou an. Dort wurde er als Rollenoffizier auf dem Großen Kreuzer Gneisenau eingesetzt. Während seines ersten Aufenthaltes im asiatischen Raum machte sich Lietzmann mit der Kultur, der Mentalität der Menschen, ihrer Sprache und ihren Gepflogenheiten vertraut.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges befand sich die Gneisenau auf Inspektionsfahrt bei Ponape im Stillen Ozean. Kommandeur war Maximilian von Spee. Wegen der Entfernung war ein Erreichen des Stationierungsortes Tsingtau nicht mehr möglich. Der Verband erhielt Befehl, in Richtung Falklandinseln zu fahren und dort den internationalen Handelsverkehr zu stören. Die Gneisenau versenkte mehrere Schiffe. Dabei fanden etwa 1.600 Menschen den Tod. Bei der Weiterfahrt wurde die Gneisenau in heftige Gefechte mit Verbänden der britischen Flotte verwickelt, darunter am 1. November 1914 in das Seegefecht bei Coronel undam 8. Dezember 1914 in das Seegefecht bei den Falklandinseln. Bei letzterem Gefecht versenkte die Mannschaft das Schiff, nachdem es alle Munition verschossen hatte. Mit den Überlebenden der Mannschaft kam Lietzmann am 8. Dezember 1914 in Kriegsgefangenschaft. Hier verblieb er bis Anfang 1918, wurde aber nach seiner Ankunft in Europa nochmals bis Ende November 1918 in den Niederlanden interniert und anschließend bis Ende November 1919 beurlaubt. Während dieser Zeit wurde Lietzmann am 17. Mai 1919 mit RDA vom 26. April 1917 zum Oberleutnant zur See befördert.

Als sich nach der Gründung der Weimarer Republik im November 1918 und den Wirrnissen des Kapp-Putsches im März 1920 eine gewisse Konsolidierung eingestellt hatte, wurde Lietzmann am 27. August 1920 in der Reichsmarine als Wachoffizier an Bord des Torpedobootes T 139 der 2. Halbflottille verwendet. Für ein Jahr war er dann Kommandant der II. Flottille. Lietzmann besuchte ein Jahr lang bis Anfang 1922 die Torpedoschule in Flensburg-Mürwik. Im Februar 1922 wurde er zum Kapitänleutnant befördert. Daran schlossen sich Kommandierungen als Kompanieoffizier, als Flaggleutnant und als Kommandant im Bereich der Torpedoboot-Halbflottille an.

1922 gab er sein Buch Auf verlorenem Posten. Unter der Flagge des Grafen von Spee heraus. Darin schildert er seine Erinnerungen und Erlebnisse aus der Zeit um 1914 als er an Bord des Kreuzers Gneisenau mit dem Krieg und dem Handeln von Menschen in diesen extremen Situationen konfrontiert wurde.

Lietzmann wurde Kommandant und ab 1925 2. Admiralstabsoffizier im Stab des Befehlshabers der Seestreitkräfte Nordsee. Nach weiteren zwei Jahren Fahrenszeit wurde er 1927 als Referent der Flottenabteilung in die Marineleitung geholt. Dann wechselten sich Einsätze als Chef der I. Torpedoflottille mit erneuten Referententätigkeiten in der Flottenabteilung ab, bis er am 1. Januar 1930 zum Korvettenkapitän befördert wurde. Ab 1931 wurde er erneut in die Marineleitung kommandiert, nun als Dezernent des Stabes und übernahm dann ab 1933 den Posten als 1. Admiralstabsoffizier im Stab des Befehlshabers der Aufklärungskräfte.

Während dieser Zeit war er Mitherausgeber des propagandistisch angelegten Buches Unsere Marine im Weltkrieg.

Im Mai 1935 wurde er zum Fregattenkapitän befördert und ab November im Reichskriegsministerium zum Chef der Abteilung Inland bestimmt. Dieses Amt übte er bis März 1936 aus und wechselte von hier in die Aufgabenstellung des Bereiches Fremde Heere als Marineattaché. Die Empfehlung für seinen Einsatz gab der Chef der Marineleitung Admiral Erich Raeder (1876–1960).

Der erste Einsatz für Joachim Lietzmann als Marineattaché erfolgte ab 24. März 1936 in der deutschen Botschaft in Paris. Sein direkter Vorgesetzter war hier der Geschäftsträger Johannes von Welczeck (1878–1972). Den Posten des Militärattachés übte in Paris seit 1933 der frühere Abteilungsleiter „Fremde Heere“ im Truppenamt, Generalmajor Erich Kühlenthal (1880–1958) aus. Neben Großbritannien war Frankreich für die Beobachtung der „Fremden Marinen“ bereits seit den 1920er Jahren ein außerordentlich bedeutsamer Schwerpunkt geworden. Von hier aus konnte nicht nur die technische Entwicklung der französischen Flotte unter Kontrolle gehalten werden, sondern er war auch aus strategischen Gesichtspunkten zur Überwachung der Schiffsbewegungen in den Gewässern des Atlantiks, des Ärmelkanals und der Nordsee von unschätzbarem Wert. Für Lietzmann war der Einsatz in Paris zugleich mit der Verantwortung für die Attachéaufgaben in Portugal und Spanien verbunden. Als im Sommer 1936 die militärischen Aktivitäten zur Unterstützung des Putsches durch Generals Franco gegen die spanische Republik durch die sogenannte Legion Condor von Deutschland aus organisiert wurde, war es die Verantwortung des Marineattachès, im August die reibungslose Anlandung von Kriegsmaterial durch die beiden deutschen Sonderschiffe Kamerun und Wigbert mit zu gewährleisten. Die „Wigbert“ trug während dieser Aktion den Tarnnamen „Walter“ und hatte zwei Junker-Maschinen an Bord. Auch die als „Kraft-durch-Freude“ Ausflugsfahrten getarnten Truppentransporte über den spanischen Hafen Cadiz betrafen, von der Absicherung her, mit seinen Verantwortungsbereich. Für die während seines ersten Einsatzes als Marineattaché gezeigten Leistungen wurde Lietzmann am 1. Januar 1937 zum Kapitän zur See befördert. Sein Nachfolger in Paris wurde mit Wirkung des1. Juni 1937 Kapitän zur See Ralf von der Marwitz (1888–1966).

Am 24. August 1937 übernahm Joachim Lietzmann den Posten des Marineattaché in Tokyo. Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Japan war zu diesem Zeitpunkt noch Herbert von Dirksen (1882–1955). Als Militärattaché fungierte seit 1934 Eugen Ott (1889–1977). Japan hatte sich, angesichts der Kriegspläne des „Großdeutschen Reiches“ zu einem hochwichtigen Strategiefaktor in Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges herauskristallisiert. Vor allem waren seit dem Abschluss des sogenannten Antikominternpaktes zwischen Japan und Deutschland am 25. November 1936 einige brennende Fragen durch die Attachés vor Ort zu beantworten. Diese bezogen sich vor allem auf den Stand der Kriegsbereitschaft des japanischen Militärs. Von strategischer Bedeutung war es zu wissen, ob es zu einem Abstoppen des enormen Rüstungszuwachses für die japanische Armee auf Grund der anhaltenden inneren Krise kommen wird? Welche Strategie die obersten japanischen Militärgruppierungen aktuell verfolgen? Welche Absichten mit den ständigen militärischen Provokationen im Grenzgebiet zu China und später der Mongolei durch Japan angezielt wurden? Und als es dann tatsächlich Mitte 1937 zum japanisch-chinesischen Krieg kam war die Aufgabenstellung des Marineattachés die Einsatzstärke, die Beherrschung der Waffensysteme und vor allem auch das Zusammenspiel der japanischen Heeresformationen mit den Lufteinheiten und der Marine zu beobachten sowie darüber zu berichten. Mehrere Reisen führten die Attachés und auch ihre Gehilfen vor Ort in den direkten Frontbereich, die Kampflinien der chinesischen und der japanischen Streitkräfte. Auch die verstärkten Bemühungen der Japaner ihre Kwantung-Armee zu stärken war nicht verborgen geblieben. So wurde über Truppentransporte per Bahn und Schiff in Richtung Sachalin berichtet und welche Truppenkonzentrationen der japanischen Armee im Bereich der koreanischen und mongolischen Grenze stattfanden. Aber die Lage spitzte sich noch weiter zu als am 29. Juli 1938 mehrere Divisionen der japanischen Streitkräfte südlich von Wladiwostok in sowjetisches Territorium eindrangen. Lange konnten sie ihre Stellung nicht halten, und auch der Angriff neun Monate später im Rahmen des Japanisch-Sowjetische Grenzkonflikt am Chalchin Gol, führte nicht zum gewünschten Erfolg. Im Vorfeld der von japanischen Militärs geplanten Entscheidungsschlacht hatte der Befehlshaber der 6. japanischen Armee im August 1938 die Attachés der deutschen Botschaft noch zu einer Besichtigungstour in das Kampfgebiet eingeladen. Aber auch hier erlitten die japanischen Streitkräfte bis zum 31. August 1938 eine heftige Niederlage und musste den Verlust von etwa 60.000 Soldaten hinnehmen. Das führte dann im Endeffekt zu der Entscheidung des Kaiserlichen Hauptquartiers, wie aus der Berichterstattung der deutschen Attachés nach Berlin hervorging, dass von weiteren militärischen Angriffen auf mongolisches und sowjetisches Territorium nunmehr Abstand genommen werde. Damit hatte sich bereits vor dem geplanten Beginn des Zweiten Weltkrieges in der Realität gezeigt, sowie mehrfach auch durch die Berichterstattung und auch Tagebuchaufzeichnungen von Lietzmann selbst bestätigt, dass die gewünschte militärische Partnerschaft Deutschlands im asiatischen Raum durch Japan auf sehr unsicheren Füßen stand. Ab 1. Juni 1939 war Joachim Lietzmann noch zusätzlich als Marineattaché für Mandschuko zuständig. Dieser Schritt folgte vor allem der Erwartung, dass die Militärstrategie Japans doch noch in Richtung des asiatischen Festlandes gelenkt werden könnte.

Bei dieser Konstellation während der Attachétätigkeit von Joachim Lietzmann in Tokyo kam noch ein weiterer Umstand dazu, der erst nach 1941 von seiner Bedeutsamkeit her erkennbar wurde. Seit 1936 verfügte Richard Sorge (1895–1944) über einen Büroraum in der deutschen Botschaft in Tokyo, er war hier ein gern gesehener Gesprächspartner und genoss vor allem wegen seiner Umgangsformen sowie außerordentlich guten Japankenntnisse volles Vertrauen bei der Mehrzahl des Botschaftspersonals. Dazu gehörten vor allem der Militärattaché Eugen Ott, ab 1938 Gerhard Matzky (1894–1983), der Marineattaché Paul Wenneker (1890–1979), ein Teil der Gehilfen des jeweiligen Attachés und ab 1937 auch Joachim Lietzmann. Richard Sorge war stets bestens informiert über Themen der japanischen Gesellschaft, über wirtschaftliche und internationalen Entwicklungen, aber in ganz besonderer Weise über die Entwicklungen in den militärischen Sphären, die den Arbeitsbereich der Attachés betrafen. Nicht selten geschah es, dass sich Eugen Ott, mit dem ihn sogar ein familiäres Verhältnis verband, Litzmann zu bestimmten Fragestellungen des japanischen Militärapparates konsultierte. Das Vertrauensverhältnis zwischen Lietzmann und Sorge reichte sogar soweit, dass Lietzmann ihm sein Tagebuch zum Lesen gab. Ein anderes Mal, bei einer dringenden Berichterstattung des Marineattaché an seine Vorgesetzten in Berlin händigte er Sorge den Codierschlüssel für die chiffrierte Nachrichtenübermittlung, also den deutschen Marinecode, aus. Ab September 1939 bearbeitete Richard Sorge im Auftrag von Ott, der zu diesem Zeitpunkt bereits der Geschäftsträger der Botschaft war, Texte fürdas „Kriegstagebuch“ der Botschaft, von dem ein Exemplar jeweils an das Oberkommando der Wehrmacht in Berlin ging. Erst nach seiner Abberufung aus Tokyo erfuhr Lietzmann über die Festnahme Sorges im Oktober 1941 durch die japanische Kempeitai.

Die Beauftragung Lietzmanns in Tokyo endete am 30. März 1940 mit der Übergabe an seinen Vorgänger, den Marineattaché Konteradmiral Paul Wenneker. Mit der Rückreise musste er sich beeilen, denn er wurde bereits in Deutschland, respektive an der Westfront, erwartet.

Der Rückruf Joachim Lietzmanns nach Deutschland erfolgte im Rahmen der militärischen Planungen des „Fall Rot“, den am 10. Mai 1940 beginnenden Überfalls auf Frankreich. Am 28. Mai 1940 wurde er als kommandierender Admiral des Marinestabes West und nach dem Waffenstillstand von Compiègne als Kommandierender Admiral für Frankreich eingesetzt. Diesen Posten übte er bis 1942 aus, wurde zwischendurch noch am 1. Januar 1941 zum Konteradmiral befördert und wechselte dann am 28. April 1942 als Befehlshaber des Ausbildungsverbundes der Kriegsflotte. Zwischenzeitlich im Jahr 1943 war er für 6 Monate zum Küstenbefehlshaber für den Ostseeküstenbereich Pommern kommandiert und wurde im September 1943 Kommandierender Admiral für den Seebereich Adria. In dieser Position erfolgte fast zeitgleich im Oktober seine Beförderung zum Vizeadmiral und nach über zwei Jahren Einsatzzeit Ende 1944, auf Grund der Kriegslage, die Auflösung der Dienststelle und seine Kriegsgefangenschaft. In Haft verblieb er bis Juni 1947 im Internierungslager und wurde von hier nach Hause entlassen.

Joachim Lietzmann verstarb am 19. September 1959 in Hameln.

Veröffentlichungen

  • Auf verlorenem Posten. Unter der Flagge des Grafen von Spee. Lhotzky Verlag, München 1922.
  • Unsere Marine im Weltkrieg. weitere Autoren: Fritz Otto, Forstner, Georg von Günther, Lorey, Hermann, Heinz Hintzmann, Keilhack, Küster, Lietzmann, Zimmermann, Fritz; Brunnen Verlag Berlin, 1933

Literatur

  • Dermot Bradley (Hrsg.), Hans H. Hildebrand, Ernest Henriot: Deutschlands Admirale 1849–1945. Die militärischen Werdegänge der See-, Ingenieur-, Sanitäts-, Waffen- und Verwaltungsoffiziere im Admiralsrang. Band 2: H–O. Biblio Verlag, Osnabrück 1988, ISBN 3-7648-1499-3, S. 377–378.
  • John W.M. Chapman: The Price of Admiralty. The War Diary of the German Neval Attache in Japan 1939–1943. U.K. 1984 (3 Bände)
  • A. Hanish Ion, Barry D. Hunt: War and Diplomacy Across the Pacific. 1919–1952. Wilfried Lauer University Press, Canada 1893.
  • Hans Hildebrand: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1915–1990. Band 2 (Marine), Biblio Verlag, Osnabrück 2000.
  • Robert Whymant: Richard Sorge. Der Mann mit den drei Gesichtern. Europäische Verlags Anstalt, Hamburg 1999, ISBN 3-434-50407-9.
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