Jakiv Palij
Quick Facts
Biography
Jakiw Palij (ukrainisch Яків Палій, * 16. August 1923 in Piadyki, damals Polen; † 9. Januar 2019 in Ahlen) war als Hilfswilliger der SS im Zwangsarbeitslager Trawniki in Ostpolen eingesetzt.
Leben
Jakiw Palij wurde 1923 in Piadyki, das damals zu Ostpolen gehörte und heute in der Ukraine liegt, geboren und war polnischer Staatsbürger. 1941 wurde er im Zwangsarbeitslager Trawniki zu einem Hilfswilligen der SS ausgebildet. Er war laut US-Ermittlern damit beauftragt, Gefangene an der Flucht zu hindern. Die amerikanische Botschaft erklärte 2018 in einer Presseerklärung, er habe zu „unmenschlichen Lebensbedingungen“ im Konzentrationslager beigetragen. Palij bestritt 2003 in einem Interview mit der New York Times, an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein: er sei zu Patrouillengängen auf Brücken und an Flüssen gezwungen worden. Laut US-Justizministerium diente Palij ab 1943 im Lager. Er war Teil einer Einheit, „die Gräueltaten gegenüber polnischen Zivilisten und anderen verübte“ und Mitglied des SS-Bataillon Streibel.
Trawniki war Teil der NS-Aktion Reinhardt zur systematischen Ermordung der europäischen Juden. Am 3. November 1943 erschossen SS- und Polizeieinheiten fast alle Insassen des Lagers: 6000 Menschen.
1944 wurde das Lager Trawniki geschlossen. Palij war zu diesem Zeitpunkt laut Gerichtsunterlagen schon mit SS-Truppen im Fronteinsatz.
1949 setzte sich Palij in die USA ab, er erhielt 1957 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er verheimlichte seine Tätigkeit in der SS. Stattdessen gab er an, auf einem Bauernhof und in einer Fabrik gearbeitet zu haben. In den USA arbeitete Palij als technischer Zeichner, später war er Rentner. Er lebte vor seiner Abschiebung im New Yorker Stadtteil Queens.
Ermittlung und Auslieferung
1993 hatte ein anderer ehemaliger Lagerwärter den US-Behörden den Hinweis gegeben, dass Palij „irgendwo in Amerika“ lebe. Er konnte gefunden werden und gab gegenüber den Ermittlern des US-Justizministeriums zu, falsche Angaben gemacht zu haben. „Ich hätte niemals mein Visum bekommen, wenn ich die Wahrheit gesagt hätte. Alle haben gelogen,“ sagte Palij damals und räumte ein, in Trawniki gedient zu haben. Er bestritt jedoch, an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein. Er habe nur als Wachmann gearbeitet, weil seine Familie bedroht gewesen sei, sagte er. Bei einer zweiten Befragung 2001 unterzeichnete Jakiw Palij ein Dokument, in dem er einräumte, Wachmann in Trawniki und Mitglied des Bataillons Streibel gewesen zu sein. 2004 ordnete ein US-Richter die Ausweisung Palijs an. Sie scheiterte jedoch, da weder Polen noch die Ukraine noch Deutschland ihn aufnehmen wollten. Gleichwohl nahm die Staatsanwaltschaft Würzburg 2015 Ermittlungen auf, die 2016 aus Mangel an Beweisen eingestellt wurden.
Seine Anwesenheit in der Stadt New York verärgerte dortige Politiker, die die US-Regierung unter Druck setzten, ihn aus dem Land zu schaffen. Die gesamte New Yorker Delegation im US-Kongress unterzeichnete im Juli 2017 einen Brief an das US-Außenministerium, in dem sie auf die Abschiebung drängte. Palij war der letzte überlebende der NS-Kriegsverbrechen Verdächtige, der in den USA lebte.
Im April 2018 protestierten einige dutzende Menschen, darunter auch Schüler einer jüdischen High School, vor dem Reihenhaus in Queens, in dem Palij lebte, und forderten seine Abschiebung.
Im August 2018 wurde er aus seiner Wohnung in Queens nach Deutschland abgeschoben. Am Morgen des 21. August 2018 landete eine Militärmaschine auf dem Flughafen Düsseldorf. Von dort wurde Palij per Krankentransport in eine Altenpflegeeinrichtung in Ahlen gebracht. Dort starb er am 9. Januar 2019 im Alter von 95 Jahren.
Ein Grund der Abschiebung war, dass ihm in den USA kein Prozess wegen der ihm vorgeworfenen Straftaten im Ausland gemacht werden konnte. In Deutschland waren die Akten des eingestellten Verfahrens der Staatsanwaltschaft Würzburg bei der Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg 2018 lediglich ein „Vorermittlungsvorgang“ (Aktenzeichen AR-Z 10/15).
Richard Grenell, seit dem 8. Mai 2018 US-Botschafter in Deutschland, sagte nach Palijs Abschiebung, er habe den Fall bei jeder Zusammenkunft in Deutschland zur Sprache gebracht. In der neuen Bundesregierung (Kabinett Merkel IV) habe es eine „neue Energie“ für Verhandlungen gegeben. Außenminister Heiko Maas erklärte, Deutschland, in dessen Namen unter den Nazis schlimmstes Unrecht getan wurde, stelle sich mit der Aufnahme Palijs seiner moralischen Verantwortung.