Friedrich Hermann de Leuw
Quick Facts
Biography
Friedrich Hermann de Leuw (gesprochen Löw; * 1. August 1792 in Dinslaken; † 12. Januar 1861) war ein deutscher Augenarzt und Sohn des Wundarztes Theobald de Leuw und der Stadthebamme Anna Maria Claßen.
1808 bis 1813 Eleve der Wundarzneikunst an der Düsseldorfer Akademie, dem Vorläufer der medizinischen Fakultät. 1813 Regimentsarztstelle bei den Bergischen Lanciers der französischen Armee, Teilnahme an den Schlachten von Leipzig und Hanau. Ab dem 7. Januar 1814 Bataillonsarzt in der preußischen Armee und Mitte 1814 in Solingen-Gräfrath stationiert. Im selben Jahr starb der Gräfrather Dr. von den Steinen. Ende 1814 Approbation als Wundarzt II. Klasse in Gräfrath.
1817 starkes Auftreten des Trachom oder der ägyptischen Augenkrankheit in Europa, eingeschleppt von den aus Ägypten zurückkehrenden französischen Truppen.
Weitere Söhne kamen 1820 und 1823 (Eduard Theobald, Constantin Johann Joseph) zur Welt. 1823 Promotion de Leuws über das Trachom in Gießen in absentia. der Titel wurde aber in Preußen nie anerkannt. Erst als de Leuw die Aufsichtsbehörden darauf hinweist, dass der preußische König ihn mit diesem Titel anspreche, konnte er ihn unbestraft ab 1844 führen. Sohn Karl Theobald Heinrich stirbt 1825 sieben Tage nach der Geburt. 1829 zog die „Westhoff’sche Apotheke“ von Haan nach Gräfrath: das "De Leuw’sche Augenwasser" war noch in den 1980ern ein Verkaufsschlager (heute darf es wegen des Boratgehalts nicht mehr verkauft werden). Ab 1830 praktizierte de Leuw im klassizistischen „Hof von Holland“ nördlich des Gräfrather Dorfkerns (heute Wuppertaler Str.249), in dem die Patienten auch ein Hotelzimmer bekamen. Nach Feierabend ritt er auf seiner Araberstute durch seine Ländereien.
De Leuw hatte großen Erfolg in der Behandlung von Augenkrankheiten, auf die er sich bald ganz spezialisierte. 1838 wurde er zum Hofrath ernannt. Sein internationaler Ruf folgte den Transportwegen der Solinger Klingen. Patienten aus der ganzen Welt strömten nach Gräfrath. Adelige, Bischöfe, Millionäre fanden den Weg in den kleinen Ort. 1853 erschien The Prussian Oculist ein Reiseführer für englische Patienten: z. B. lehnte de Leuw schon damals eine Verwendung des beliebten Quecksilber ab.
Daphne du Maurier schildert in Ihrem Buch Kehrt wieder, die ich liebe die Behandlung Ihres Vorfahren „Kicky“ bei de Leuw, dessen eines Auge er zwar nicht mehr retten konnte, ihm aber die Angst nahm, auf dem anderen ebenfalls zu erblinden. 1843 war de Leuw mit seiner Praxis umgezogen an die heutige Straße "In der Freiheit" 25 (s. Foto).
Im Revolutionsjahr 1848 (Vormärz) reiste de Leuw incognito nach Hannover, um den blinden Thronfolger, den späteren Georg V. zu behandeln. Da die Thronfähigkeit Georgs durch dessen Blindheit in Frage stand, war eine Augenbehandlung ein Politikum, das möglichst geheim gehalten werden sollte.
Mittellose Patienten wurden meist umsonst oder zu geringen Pauschalen, die Unterkunft, Pflege und Medikamente abgolten, behandelt. König Ernst August von Hannover bot de Leuw eine Stelle für 8000 Taler Jahreshonorar als 2. Leibarzt. Zum Vergleich, Virchow erhielt 2000 Taler in Berlin bei Übernahme seines Ordinariats in der Charité. De Leuw aber lehnte ab und praktizierte in Gräfrath auf Haus Grünewald bis zu seinem Tod im Jahre 1861. Damit war die goldene Zeit Gräfraths als Kurort für Augenkranke vorbei. De Leuws Nachfolger Dr. Meurer verließ Gräfrath bald. De Leuws Nachlass im Stadtarchiv Solingen ermöglicht einen seltenen Einblick in die Praxis eines Wundarztes des 19. Jahrhunderts. Hervorzuheben für die Geschichte der Medizin ist der umfangreiche erhaltene Schriftwechsel, den de Leuw mit seinen adeligen Patienten führte.
Eine schlichte Grabplatte der Familie de Leuw befindet sich auf dem Gräfrather Kommunalfriedhof (s. Foto). Darauf fehlen Constantin J.J. de Leuw, der in die Niederlande heiratete und Weinhändler wurde, sowie die Ehefrauen der Söhne August, Louis und Eduard. Dafür ist eine „Maria de Leuw“ genannt.
Zeitgenossen in Gräfrath waren z. B. Bürgermeister Karl Uesseler, Pastor Dr. Johann Carl-Wilhelm Wiedenfeld, Optiker Rudolf von Brosy, die Kaufleute Abraham und Eduard Schnitzler sowie Friedrich Wilhelm, Carl Wilhelm und Reinhold Rütgers.
Literatur
- R. Tewes: Der preussische Augenarzt Friedrich Hermann de Leuw: Und seine Praxis in Gräfrath. Born, Wuppertal 1985, ISBN 3-87093-009-8.
- L. Peters: Gräfrath wie es früher war. Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen, 1. Aufl. 2001, ISBN 3-8313-1162-5.
- L. Peters: Gräfrath – Spaziergänge in die Geschichte. Bergischer Geschichtsverein Abt. Solingen e. V.
- G.J. Palmer: The Prussian Oculist, a manual of information respecting the Ober Medicinal Rath de Leuw, by an English Clergyman. London 1853, ISBN 1146180446, ISBN 978-1146180443.
- The Great Oculist (F.H. de Leuw) or, all about Graefrath. Nabu Press, ISBN 1179318293, ISBN 978-1179318295.