Quick Facts
Biography
Karl Heinrich Schönstedt (seit 1911 von Schönstedt) (* 6. Januar 1833 in Broich; † 31. Januar 1924 in Berlin) war ein preußischer Richter und von 1894 bis 1905 preußischer Justizminister.
Erste Jahre in der Justiz
Schönstedt war Sohn eines Patrimonialrichters. Er trat nach Schule und rechtswissenschaftlichen Studium in den preußischen Justizdienst ein. 1850 wurde er während seines Studiums Mitglied der Burschenschaft Alemannia Bonn. Er war 1859 Gerichtsassessor in Hamm und wurde danach 1865 Kreisrichter in Broich und 1867 in Duisburg. Zeitweilige war er auch Hilfsarbeiter im Justizministerium. Im Jahr 1872 ging er als Appellationsgerichtsrat nach Glogau und wechselte 1875 nach Frankfurt am Main. Dort wurde er 1879 Landgerichtsdirektor (heute = Vorsitzender Richter am Landgericht, Vorsitzender einer Kammer) und wechselte 1883 nach Neuwied und 1884 nach Kassel. Seit 1892 war er Präsident des Oberlandesgerichts in Celle.
Amtszeit als Justizminister
Zwischen 1894 und 1905 war preußischer Justizminister. Er war der erste Justizminister in Preußen, der keine Karriere in der Ministerialbürokratie hinter sich hatte, sondern aus der Gerichtsbarkeit kam. Neben juristischen Sachverstand verfügte er anscheinend auch über Verwaltungskompetenzen.
Er stand keiner politischen Partei nahe. Allerdings machte er sich mit seiner konservativen Amtsführung zunehmend unbeliebt bei Sozialdemokraten, Linksliberalen und Zentrumsanhängern. Am Ende galt er als der meistkritisierte Justizminister seit Leopold zur Lippe-Biesterfeld-Weißenfeld. Die Kritik traf auf Teile der Personalpolitik nicht zu, hat er doch auch Zentrumsanhänger zu hohen Stellen in der Justizverwaltung verholfen. Die Toleranz in der Personalpolitik endete bei Anhängern der SPD. Allerdings setzte er damit nur Entwicklungen fort, die bereits übliche Praxis war.
Kritisiert wurde auch die unausgesprochene Benachteiligung jüdischer Bewerber für Stellen im Justizdienst. Tatsächlich musste Schönstedt in einer Parlamentsdebatte 1901 einräumen, dass es diese Behinderungen gab. Er begründete dies damit, dass er dem Misstrauen weiter Kreise gegen die Juden habe Rechnung tragen müssen.
Die Kritik richtete sich von links gegen Schönstedts Befürwortung des Kampfes gegen Sozialdemokraten und Gewerkschaften mit gesetzlichen Mitteln. In diesen Zusammenhang gehören die Zuchthausvorlage, die Lex Heinze und der Gesetzentwurf zur Erschwerung des Kontraktbruchs ländlicher Arbeiter. Hinzu kam die grundlegende Kritik von links gegen die Klassenjustiz. Aber auch von der Wirtschaft wurde Kritik am preußischen Justizsystem geübt. So wurde die Weltfremdheit der Richter beklagt. Auch aus eher nationalliberalen Krisen wurde die nachlassende Qualität des Justizpersonals kritisiert.
Seit 1895 war Schönstedt auch Mitglied des preußischen Herrenhauses und Kronsyndikus.
Literatur
- Thomas Ormond: Richterwürde und Regierungstreue: Dienstrecht, politische Betätigung und Disziplinierung der Richter in Preußen, Baden und Hessen 1866-1918. Klostermann, 1994, S. 427 ff.
- Reinhold Zilch: Schönstedt, Karl Heinrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 423 (Digitalisat).
- Protokolle des preußischen Staatsministeriums Bd. 10, S. 434 (Digitalisat; PDF; 2,9 MB)
- Schönstedt, Karl Heinrich, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 5 f.
