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WR
Austria
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The basics

Quick Facts

Places
Gender
Male
Place of birth
Vienna, Austria
Age
67 years
The details (from wikipedia)

Biography

Werner Rydl (* 7. August 1957 in Wien, Österreich) ist ein niederösterreichischer Geschäftsmann.

Leben

Rydl wurde als Sohn von Wilhelm und Erna Rydl geboren, beide beschäftigt im elterlichen Betrieb, einem kleinen Färberei- und Verpackungsunternehmen in Vösendorf, Niederösterreich. Nach dem Besuch der Volksschule in Vösendorf bei Wien und der Hauptschule in Maria Enzersdorf in Niederösterreich absolvierte er die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in der Rosensteingasse in Wien.

Rydl ist in einen der aufsehenerregendsten Fälle von Steuerhinterziehung in der österreichischen Geschichte verwickelt.

Derzeit ist er staatenlos und lebt unstet in Brasilien.

Der „Fall Werner Rydl“

Anfang der 1990er-Jahre baute Rydl ein internationales Firmengeflecht auf. Die Zentrale lag mit der 1986 gegründeten Fink Ges.m.b.H. in Pottendorf, Niederösterreich. Mit Hilfe der Firmen errichtete Rydl eine grenzüberschreitende Lieferkette. Er beauftragte Handelsfirmen damit, verschiedene Produkte von seiner Zentrale in Österreich zu Firmensitzen im Ausland zu exportieren. Dabei „veredelte“ er die zu exportierenden Produkte. So wurde - laut Vorwurf der Finanzbehörden - beispielsweise Bienenhonig zum Kilopreis von 176 Schilling (ca. 13 Euro) als hochwertiges, veredeltes Gelée Royale zum Kilopreis von 26.000 Schilling (ca. 1.900 Euro) vertrieben. Weitere Produkte, die exportiert wurden:

  • Ytong-Steine zum Preis von 416 Schilling (ca. 30 Euro) pro Kiste wurden angemalt und als Meerwasserfilter-Material mit einem Kistenpreis von ca. 360.000 bis 400.000 Schilling (ca. 26.200 Euro bis 29.100 Euro) weitervertrieben.
  • Duftstoffkonzentrate wurden in weißen 20-Liter-Kanistern als teures Parfumkonzentrat unter dem Namen Aurela weiterverkauft. So wurden insgesamt ca. 3.000 Liter Parfumöl aus Österreich an eine Firma in Montevideo in Uruguay verschickt. Der Literpreis betrug zunächst zwischen 546 und 3.150 Schilling (zwischen 40 und 230 Euro), erhöhte sich jedoch nach der „Veredelung“ der Ware auf den bis zu 146-fachen Preis.
  • Ein Buch mit dem Titel 2000–2010 wurde produziert, in dem – laut späterer Anklage – bloß unverständliche Formeln enthalten sind.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass die Produkte tatsächlich in einer gewissen Art und Weise "veredelt" wurden, wodurch der Nachweis für die Behörden, dass es sich hier um eine bloße, betrügerische Absicht beziehungsweise ein Aliud handle, verunmöglicht wurde.

Insgesamt waren über 130 österreichische Kleinunternehmen und Handelsfirmen – größtenteils ahnungslos – in die Exportgeschäfte von Rydl involviert.

Die exportierten Produkte wurden von Rydl vor Ort abgenommen und auf den lokalen Märkten verkauft. Der große Trick findet sich dabei im Steuersystem, konkret im österreichischen Umsatzsteuersystem. Rydl erhielt von den Exporteuren neben dem Kaufpreis auch die Umsatzsteuer in Höhe von 20 Prozent des Kaufpreises bezahlt. Üblicherweise wird diese den Exporteuren im Rahmen des Vorsteuerausgleichs von der Finanzverwaltung rückerstattet. Die einbehaltene Umsatzsteuer wurde von Rydl zwar an die zuständigen Finanzämter gemeldet, allerdings nicht abgeführt. Er kündigte dieses Vorgehen sogar in einem Brief an die Finanzbehörden im Jahr 1989 an, indem er ein „Steuerembargo“ gegen die Republik Österreich verkündete.

1995 verließ Rydl Österreich und zog nach Brasilien, womit er für die Finanzbehörden nicht mehr greifbar war, da zwischen Österreich und Brasilien kein Auslieferungsabkommen bei Steuerdelikten besteht. Er ließ sich in einem Fischerdorf an der brasilianischen Küste in der Nähe von Recife nieder, baute eine Villa mit blauem Turm und heiratete eine Brasilianerin, womit er die brasilianische Staatsbürgerschaft erhielt. Rydl leitete von Brasilien aus seine Geschäfte weiter, zuerst direkt, später indirekt über Firmen, von denen niemand wusste, dass er dahinter steckt. Ab Mitte der 1990er-Jahre nahm die Exporttätigkeit Rydls stark zu.

Über die Jahre führte Rydl einen erbitterten Kampf gegen die österreichischen Behörden:

  • 1985 saß Rydl für elf Monate wegen angeblichen Versicherungsbetruges in Untersuchungshaft. Er soll einen Brandstifter beauftragt haben, in seiner Lagerhalle in Niederösterreich einen Brand zu legen. Außerdem wurde ihm vorgeworfen, einen 170.000 Schilling (ca. 12.400 Euro) teuren Ford Escort verschwinden lassen zu haben, um von der Versicherung zu kassieren. Rydl erhielt eine bedingte Haftstrafe von zwölf Monaten, die nach einem Einspruch auf zehn Monate bedingt reduziert wurde. Durch die Anrechnung der Untersuchungshaft kam Rydl sofort frei. Er beklagte sich anschließend, dass er unter Anwendung von Foltermethoden zu einem Geständnis gezwungen worden sei. Als eine Konsequenz daraus verhängte er das genannte „Steuerembargo“, in dem er ankündigte, zu bezahlende Steuern an den Staat zurückzuhalten.
  • Mitte der 1990er-Jahre bot Rydl den Finanzbehörden an, seine Aktivitäten einzustellen, wenn die Ansprüche der Exporteure und Zwischenhändler befriedigt würden. Diesen wurde teilweise die bezahlte Umsatzsteuer nicht rückerstattet. Er würde auch auf einen großen Teil einer 42-Milliarden-Schilling-Schadenersatzforderung (ca. 3 Milliarden Euro) gegen die Republik Österreich verzichten und als Vergleichszahlung einen achtstelligen Schillingbetrag zahlen.
  • Am 3. März 2002 verbrannte Werner Rydl aus Protest gegen das österreichische Finanzsystem zwei Millionen Schilling (ca. 145.000 Euro) am Strand von Recife, insgesamt laut seinen Angaben 167 Millionen Schilling (ca. 12,1 Millionen Euro).
  • Im Juni 2002 tätigte ein Richter „in und für Österreich“ namens Max Ortner per E-Mail einen Aufruf zur Einleitung eines Volksbegehrens gegen Vorsteuerbetrug. Der Richter, den es wirklich gibt und der zur selben Zeit den Prozess gegen Rydl führte, dementierte umgehend, der Verfasser der E-Mail zu sein. Trotzdem unterschrieben 20.000 Menschen den Aufruf.
  • Ende Juli 2002 wurde eine E-Mail mit dem Titel „Korruption – Bitte um ihre Wahrnehmung“ verschickt, Absender: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bzw. Finanzminister Karl-Heinz Grasser. In der E-Mail hieß es unter anderem: „Bitte helfen Sie mit, der Korruption in Österreich massiv entgegenzutreten. Jeder bei mir einlaufenden Anzeige wird grundsätzlich nachgegangen. Österreich darf nicht zur Bananenrepublik verkommen. Für ein sauberes Österreich.“
  • Den österreichischen Finanzbehörden schickte Rydl jährliche Weihnachtsgrüße.
  • Von den Medien erhielt Rydl verschiedene Spitznamen: Superhirn, Robin Hood, Staatsfeind Nr. 1, Erfinder des „Handels ohne Mehrwertsteuerabgabe“.

Erst im Jahr 2002 wurde Rydl in Österreich wegen schweren Betrugs angeklagt, im März 2004 ein internationaler Haftbefehl erlassen. Am 30. März 2005 wurde er von der brasilianischen Polizei auf dem Flughafen in Brasília verhaftet, ein Bundesgericht verhängte die Auslieferungshaft über ihn. Die Auslieferung war allerdings ungewiss, da Rydl die brasilianische Staatsbürgerschaft besaß. Es wurde ihm jedoch vorgeworfen, dass er bei der Einbürgerung falsche Angaben gemacht habe, woraufhin ihm diese im Dezember 2006 entzogen wurde. Am 15. September 2009 erfolgte die Auslieferung Rydls nach Österreich, er wurde in die Justizanstalt Josefstadt überstellt und in Untersuchungshaft genommen.

Der Prozess fand am 24. Februar 2010 statt. Nach brasilianischem Recht war ein Teil der Vorgänge bereits verjährt, wodurch Rydl „lediglich“ 173 Betrugsfakten aus den Jahren 1994/95 mit einem Gesamtschaden von 2,5 Millionen Euro zur Last gelegt wurden, wobei es sich vor allem um die Beträge aus den Geschäften mit Parfumöl handelte. In Sachen Steuerhinterziehung durfte kein Vorwurf gemacht werden, da dies als Auslieferungsgrund von Brasilien nicht akzeptiert wurde. Rydl verteidigte sich quasi selbst und forderte im Prozess die Höchststrafe von zehn Jahren für sich. Das Schöffengericht verhängte sechs Jahre unbedingte Haft, wobei ihm die Untersuchungshaft in Brasilien vom 30. März 2005 bis zum Urteilstag angerechnet wurde. Rydl kam nach nur zwei Tagen in Haft wieder frei.

Der verursachte Gesamtschaden wurde vor Prozessbeginn auf 116,3 Millionen Euro geschätzt, verursacht innerhalb der Jahre 1992 bis 1997. Über die folgenden Jahre haben die Behörden beinahe keinen Einblick. Rydl selbst bezifferte nach seiner Enthaftung die gesamte Schadenssumme auf 5 Milliarden Euro:

„Ab 1995 habe ich Geld nicht mehr gezählt, sondern nur noch gewogen. Ich habe in 20 Jahren knappe fünf Milliarden Euro einbehalten.“

Von der Staatsanwaltschaft Wien wurde am 26. Mai 2010 eine Anklage wegen schweren Betrugs, Steuerhinterziehung, betrügerischer Krida und Untreue eingebracht. Darin wird ihm vorgeworfen, dass er vorgetäuscht habe, legale Exportgeschäfte mit hochwertigen Waren durchzuführen und damit verschiedene Unternehmen und Personen getäuscht und dazu verleitet habe, die fakturierte Umsatzsteuer vorzufinanzieren und auszuzahlen. Im Prozess am 20. Oktober 2010 wurde Rydl wegen Betrugs und Finanzstrafvergehen zu drei Jahren Haft und der Rückzahlung von 22 Millionen Euro verurteilt. In einem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. Dezember 2010 wurde ihm der insgesamt offene Rest seiner Freiheitsstrafe von 4 Jahren, 1 Monat und 3 Tagen bedingt nachgesehen.

Der staatenlose Rydl besitzt nur noch eine "Karte für Geduldete", die einen Aufenthaltstitel in Österreich darstellt und an Menschen vergeben wird, die nicht abgeschoben werden können.

Filme/Dokumentationen/Interviews

  • ORF 2, Report, 1. Juni 1996
  • ORF 2, Report, 1. Juni 1997
  • PULS 4, Talk of Town, 4. März 2010
  • ORF2, €co, 19. März 2010
  • ORF2, Vera exklusiv, 21. März 2010
  • ProSieben Austria/PULS 4/Sat.1 Österreich, AustriaNews, 25. Mai 2010
  • ORF2, €co, 8. Juli 2010
  • Puls4, Pro & Contra, 26. November 2011

Literatur

  • Martha Proidl-Stachl: Werner Rydl. Österreichs Finanzstaatsfeind Nr. 1. Der Steuertrick des Superhirns. MediaMED GesmbH, Wien 1996, ISBN 3-901776-00-1.
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