
Quick Facts
Biography
Ulrich Krafft (* um 1455 in Ulm; † 11. April 1516 ebenda) war ein deutscher Prediger und Rechtsgelehrter. Nach seiner Lehrtätigkeit als Rechtsprofessor in Tübingen, Freiburg im Breisgau und Basel zwischen 1485 und 1501 wurde ihm 1501 auf Lebenszeit das Amt des Stadtpfarrers in Ulm übertragen.
Leben
Der Sohn des Ulmer Bürgermeisters Magnus Krafft und der Verena Neithart besuchte die Lateinschule und trat als Konventuale in das Wengenkloster ein. Sein Studium begann er im Wintersemester 1475/1476 an der Universität Basel und setzte es im Wintersemester 1477/1478 in Tübingen fort. Nach der Promotion zum Magister in Tübingen am 26. Januar 1479 studierte er Rechtswissenschaft, zuletzt in Italien, wo er 1482 den Grad eines Dr. iur. caesarei (civilis) erhielt. 1484 erwarb er den Doktor für kanonisches und weltliches Recht an der Universität Pavia (in dieser Zeit unter dem gebräuchlichen Ortsnamen Papia bekannt), wie in einem häufig übersehenen Protokoll der Juristenfakultät in Freiburg im Breisgau vom 9. August 1492 belegt ist. Nach diesem Protokoll hat Krafft dem zu dieser Zeit amtierenden Dekan der Juristenfakultät Johannes Kerer ein von der Universität Pavia gesiegeltes Dokument über seine Promotion zum doctor utriusque iuris vorgelegt (…de sua promotione in dictis juribus ostendit mihi die sequenti instrumentum sigillo munitum in Universitate Papiensi …).
Ab 1485 lehrte er als Professor für weltliches Recht an den Universitäten in Tübingen (bis 1491; zuvor soll er nach seiner Magisterpromotion von 1479 noch im Wintersemester 1480/1481 unter dem Rektorat von Johannes Kreuzlinger alias Johannes Crützlinger an der Universität in Tübingen gelehrt haben, bevor er zum Rechtsstudium nach Italien wechselte), danach in Freiburg (im Sommersemester 1492 war er laut Überschrift der Universitätsmatrikel Rektor) und ab 1495 in Basel, woer im Wintersemester 1495/1496 und Wintersemester 1500/1501 laut Universitätsmatrikel ebenfalls zum Rektor der Universität gewählt wurde. Zu seinen Schülern zählten Ulrich Zasius undHieronymus Schurff. Letzterer war von Kraffts Vorlesungen so beeindruckt, dass er vom Studium der Medizin zum Studium der Rechtswissenschaft wechselte.
1486 erhielt Krafft vom Papst eine Provision auf je ein Kanonikat als Domherr in Konstanz und Augsburg; die Kanonikate wurden ihm dann später auch übertragen. 1500 erhielt er in Basel neben seiner Professorenbesoldung noch eine weitere Pfründe am Niederstift Sankt Peter. Als Nachfolger des im November 1500 verstorbenen Doktors Ulrich Neithart wurde er vom Magistrat seiner Heimatstadt, der das Patronat über die Stadtkirche hatte, als Prediger auf die (mit 600 Gulden) hochdotierte Pfarrstelle am Ulmer Münster berufen. Wie lange er daneben seine Kanonikate in Augsburg, Basel und Konstanz beibehielt, ist nicht gesichert. 1501 erstellte er in Ulm ein Gutachten zum Spekulationshandel mit Barchent. In diesem wandte er sich gegen alle Formen des Preis-, Pfand- und Zinswuchers. In Anlehnung an die strenge Auffassung der großen Autoritäten der klassischen mittelalterlichen Scholastik und im Gegensatz zur vorherrschenden Lehre des endenden Mittelalters bekämpfte er in ihnen alle Geschäfte, die der Theorie vom gerechten Preis widersprachen. Er ging sogar so weit, auch Entschädigungen für die nicht rechtzeitige Geldrückgabe als Umgehung des kirchlichen Zinsverbotes abzulehnen (Finke, Tübinger Professorenkatalog, Band 1,2, 2011, S. 185 mit Anmerkung 27). Um 1510 errichtete er den ersten Ulmer Pfarrhof. Er reformierte schwäbische Klöster und trat mehrfach als Ablasskommissar auf.
Aus Kraffts Rechtspraxis ist am bekanntesten, dass er am 22. November 1501 in der Nachfolge Bernhard Schöf(f)erlins für etwa ein Jahr das Amt des Richters der Städte beim Schwäbischen Bund erhielt, bis dieses wegen Unabkömmlichkeit Kraffts in Ulm 1503 auf den Doktor beider Rechte Johannes Streler alias Sträler überging (Finke, Tübinger Professorenkatalog, Band 1,2, 2011, S. 185).
In seinem Testament vom 1. April 1516 bestimmte er, dass seine Bücher in eine vom Rat der Stadt Ulm zu gründende Bibliothek kommen sollten. Außerdem stiftete er 100 rheinische Gulden, aus deren Zinsen der Bestand zu vermehren war. Ein Teil seiner Bücher wird bis heute in der Stadtbibliothek Ulm aufbewahrt.
Werke
- Der geistliche Streit; Straßburg; 1517 (Sammlung von 36 Fastenpredigten aus 1503 und 1514). Digitalisat der Handschrift Cgm 460 ist online.
Literatur
- Bernhard Appenzeller: Die Münsterprediger; 1990, S. 24–26
- Karl Konrad Finke: Die Tübinger Juristenfakultät 1477–1534; 1972
- Karl Konrad Finke: Ulrich Krafft (um 1461/1463 bis 1516). In: Die Professoren der Tübinger Juristenfakultät (1477–1535) (= Tübinger Professorenkatalog. Bd. 1,2). Bearbeitet von Karl Konrad Finke. Jan Thorbecke, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7995-5452-7, S. 177–187.
- Vincenz Hasak: Der christliche Glaube des deutschen Volkes beim Schluß des Mittelalters; Regensburg 1868; S. 435–442, 485–487
- Roland Schelling: Der Jurist Ulrich Krafft und das schwäbische städtische Wirtschaftsrecht im späten Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit; Diss. masch. Tübingen; 1954
- Reinhard Tenberg: Ulrich Krafft. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 586–587.