Quick Facts
Intro | Deutscher Theologe |
A.K.A. | Ulrich Kammerknecht |
Is | Religious scholar Theologian |
From | Germany |
Field | Religion |
Gender | male |
Birth | Bruchsal, Germany |
Death | 1586 |
Biography
Ulrich Cubicularius (eigentlich Ulrich Kammerknecht; * um 1520/23 in Bruchsal; † 1586 vermutlich in Pfaffenhoffen) war ein deutscher evangelischer Theologe, der in Babenhausen, in Niederungarn (in der heutigen Slowakei) und in der Herrschaft Lichtenberg der Grafschaft Hanau-Lichtenberg (im heutigen Département Bas-Rhin, Frankreich) wirkte.
Leben
Vdalricus Kammerer Prussellensis dioc. Wormac. (= aus Bruchsal in der Diözese Worms) immatrikulierte sich am 15. Oktober 1538 an der Universität Heidelberg. Im Juni 1540 erwarb er als Vldaricus Kamerknecht den Baccalaureus artium.
Schulmeister in Babenhausen
Bis 1544 war Ulrich Kammerknecht Schulmeister in Babenhausen. Der Landesherr Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg hatte 1544 im Amt Babenhausen durch den Reformator Erasmus Alber, der nach einem Streit mit dem Grafen im Herbst 1545 von Erasmus Sarcerius abgelöst wurde, die Reformation einführen lassen. Wahrscheinlich im Zusammenhang der Auseinandersetzungen um Alber, der „auch für richtige und christliche Ordnung der Schule in Babenhausen sorgen“ wollte, fühlte sich Ulrich Kammerknecht ungerecht behandelt. Er bat den Grafen um seine Entlassung, immatrikulierte sich 1544 als Huldaricus Kammerknecht Baccalaur[eus] Heid[elbergensis] an der Universität Marburg und am 6. Juni 1545 als Vdalricus Cammerknecht Bruchsalensis Sueuus (= aus Bruchsal, ein Schwabe) zum Theologiestudium an der Universität Wittenberg.
Studium in Wittenberg und Jena
Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg schrieb im Mai 1546 an Philipp Melanchthon, dass er dem Schulmeister Kammerknecht, der „noch etliche jar zu studiren und alsdann kirchenverwaltungen anzunehmen gemeint“ sei, angeboten hatte, „ihn drei Jar zu Wittenberg in der Universitet zu erhalten“, wenn dieser sich verpflichten würde, ihm anschließend fünf Jahre lang „um eine billige (= angemessene) Entlohnung als Pfarrer und Prediger“ zu dienen. Melanchthon bat er, in diesem Sinne auf Kammerknecht einzuwirken. Kammerknecht seinerseits fragte Melanchthon gemeinsam mit Sarcerius und dem Hanauer Pfarrer Philipp Neunheller brieflich um Rat, ob er das Angebot des Grafen annehmen solle. Auf Bitten einiger Pfarrer und des hanau-lichtenbergischen Rates Johannes Knebel von Katzenelnbogen wollte er erlittenes Unrecht vergessen. Sein befürwortendes Antwortschreiben an Kammerknecht, das Melanchthon im August 1546 erwähnt, blieb nicht erhalten.
Ulrich Kammerknecht nahm das Stipendium des Grafen Philipp IV. an; möglicherweise diente der Briefwechsel mit Melanchthon vor allem dazu, den Hanauer Grafen nach der Auseinandersetzung um Alber in ein besseres Licht zu setzen. 1547 während des Schmalkaldischen Krieges stockte der Geldtranfer von Babenhausen nach Wittenberg, doch Kammerknecht konnte das Studium 1548/49 an der neu gegründeten Höheren Landesschule Jena abschließen. Er wurde am 13. März 1549 in Wittenberg ordiniert und von Graf Philipp IV. zum Predigtamt berufen. Kammerknecht benutzte seither vermehrt auch den latinisierten Familiennamen Cubicularius.
Pfarrer der Freien Bergstadt Schemnitz in Niederungarn
Vom Herbst 1552 bis 1564 war Ulrich Cubicularius evangelischer deutschsprachiger Prediger in der königlichen Freien Bergstadt Schemnitz (heute Banská Štiavnica) im ungarischen Komitat Hont des Habsburgerreiches. Ihm zugeordnet war Johann (Ján) Senensis († nach 1597) als Prediger für die „slavisch“ oder „wendisch“ (slowakisch) sprachige Gemeinde.
Der Graner Erzbischof Miklós Oláh (Nicolaus Olahus) versuchte 1558, den Klerus in seinem Gebiet auf die Dekrete der zweiten Tagungsperiode (1551–1552) des Konzils von Trient zu verpflichten und Beiträge der Bergstädte zur Finanzierung des Konzils einzutreiben. Als sein Beauftragter legte Archidiakon Johann Deretzky den Pfarrern des Komitates Hont im August 18 Artikel vor, die sie unterschreiben sollten.
Eine Vorladung des Erzbischofs auf den 16. September 1558 nach Kláštor pod Znievom (Znió-Váralja) in Komitat Turz (Turóc) mit Androhung der Exkommunikation wurde vom Schemnitzer Pfarrer ebenso ignoriert wie eine zweite Vorladung vom 17. September an Cubicularius und Johann Senensis mit 5-tägiger Fristsetzung. Auf einer Tagung in Kremnitz (Kremnica) verabschiedete der Ausschuss des Bundes der sieben niederungarischen Bergstädte Dilln (Banská Belá), Libethen (Ľubietová), Kremnitz, Königsberg (Nová Baňa), Neusohl (Banská Bystrica), Pukanz (Pukanec) und Schemnitz am 23. September 1558 eine von Ulrich Kammerknecht ausgearbeitete Bekenntnisschrift. Das Bekenntnis stellt eine erweiterte Fassung der 1548 durch Leonhard Stöckel auf Grundlage der Confessio Augustana ausgearbeiteten oberungarischen Confessio Pentapolitana dar.
Diese sogenannte Confessio Montana oder Confessio Heptapolitana (Glaubensbekenntnis der Sieben Bergstädte) von 1558 wurde am 6. Dezember 1559 auf einer Synode in Schemnitz von allen Pfarrern unterschrieben und anschließend Kaiser Ferdinand I. und dem Graner Erzbischof Oláh vorgelegt. 1577 und 1580 wurde die Confessio Heptapolitana erneut von Synoden bekräftigt.
Am 4. Mai 1560 wurden Ulrich Cubicularius, Johann Senensis sowie die Kapläne Bernhard Illés († 1583) und Abraham Sturm († nach 1568), die an der Diözesan-Synode von Tyrnau (Trnava) am 26. April 1560 nicht teilgenommen hatten, von Erzbischof Miklós Oláh und Weihbischof Andreas Dudith, Titularpropst von Felhévíz (bei Óbuda), durch ein Schreiben an den Schemnitzer Stadtrat bei Androhung von Exkommunikation und Interdikt vorgeladen. Cubicularius verlies Schemnitz am 6. Mai und reiste in das Ausland („Elend“) nach Olmütz in Mähren ins Exilium. Richter und Rat der Stadt schrieben am 22. Juli 1560 an König Ferdinand I., dass sie den Pfarrer nach einem Befehl des Erzbischofs Oláh aus Furcht vor Unruhen „heimlich und still haben abfertigen müssen“. Bereits am 24. August 1560 benachrichtigte man Cubicularius, dass er zurückkehren könne.
Als der Rektor des Schemnitzer Gymnasiums Johann Hensel († 1580), der 1560 Ratsherr war, wegen Ehebruch (Schwängerung seiner Dienstmagd) vom Magistrat zum Tode verurteilt worden war, wurde er 1563 nach Fürbitte des Ulricus Cubicularius zur Landesverweisung begnadigt.
Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg wollte 1564 seinen Pfarrer nach 12 Jahren aus Ungarn zurückrufen. Maximilian II. unterstützte die Bitte der Schemnitzer Bürger, die sich mit der Bitte um Vermittlung an ihn gewandt hatten, „Vlrich Khamerkhnecht“ länger bei ihnen zu lassen. Der König schrieb am 3. Mai 1564 an Philipp IV., dass die Stadt Schemnitz, „als welche gar an den Erbveindt gesessen, dergleichen taugliche guette Leutt nit allbeg beckhomen khunde“. Aber Cubicularius wollte dem Rückruf am Ende des Dienstjahres Folge leisten und auch seinen „lieben alten und betagten“ Vater noch einmal wiedersehen. Schon am 6. April 1564 wurde Ambrosius Stübner († 1564), ein gebürtiger Schemnitzer, aus Danzig von Richter und Rat der Stadt als Nachfolger Cubicularius' berufen, der Schemnitz am 3. Juli 1564 verließ. Stübner konnte allerdings dem Ruf keine Folge mehr leisten, da er schon kurz darauf verstarb.
Weil Ulrich Cubicularius gute Zeugnisse (Kundschaftsbriefe) vorweisen konnte, erhielt er als Exulant aus Ungarn am 25. September 1564 in Stuttgart eine Unterstützung von 4 Gulden aus dem württembergischen „Gemeinen Kirchenkasten“. Eine Bitte der Stadt Schemnitz zurückzukehren lehnte er am 12. April 1566 ab.
Superintendent zu Pfaffenhoffen in der Herrschaft Lichtenberg
Seit dem 29. September (Michaelis) 1565 war Ulrich Cubicularius Pfarrer und Superintendent zu Pfaffenhoffen im Elsass. Der bisherige Superintendent Theobald Groscher († 1568) in Buchsweiler fühlte sich „Leibsblödigkeit halber“ den Anforderungen des Amtes bei den Visitationen nicht mehr gewachsen.
Cubicularius entwarf 1566 eine Visitations- und Synodalordnung, die als zehnter und elfter Abschnitt in die Kirchenordnung für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg von 1573 übernommen wurde. Im Juni 1571 nahm er – selbst ein Lutheraner – mit einem Bestallungs-Patent seines Grafen als Beobachter an dem vom Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz initiierten Frankenthaler Religionsgespräch zwischen Reformierten und Täufern teil. Im September 1571 wurde Cubicularcius „aus Leibesschwachheit die Supintendur gnediglich erlassen“, sein Nachfolger wurde Ludwig Brachypodius († 1596)
Der Straßburger Bischof Johann IV. von Manderscheid-Blankenheim, der selbst in seinem Gebiet die katholische Gegenreformation unterstützte, ließ den lutherischen Pfarrer und früheren Superintendenten Ulrich Cubicularius im August 1572 aus Pfaffenhoffen in seine Residenzstadt Saverne (Zabern) kommen, um seiner sterbenden Mutter Margarethe von Wied-Runkel den Wunsch zu erfüllen, das Abendmahl sub utraque specie zu empfangen.
Cubicularius unterschrieb am 14. Oktober 1577 zusammen mit 65 hanau-lichtenbergischen Pfarrern die Konkordienformel. Auf Bitte von Graf Philipp Ludwig I. von Hanau-Münzenberg führte „Superintendent“ Cubicularius 1577 auch eine Kirchen- und Schulvisitation in der Grafschaft Hanau-Münzenberg durch.
Eine von Ulrich Cubicularius verfasste Paraphrase des Psalm 22 wurde 1590 postum von dem Straßburger Vikarius und Diakonus Paul Crusius (1557–1609) herausgegeben.
Quellen
- Brief von Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg aus Babenhausen oder Buchsweiler (Bouxwiller) an Philipp Melanchthon in Wittenberg vom Mai 1546; (Melanchton-Online, Nr. 4275a der Universität Heidelberg)
- Brief von Ulrich Kammerknecht an Philipp Melanchthon in Wittenberg vom Mai 1546; (Melanchton-Online, Nr. 4275b der Universität Heidelberg)
- Brief von Philipp Melanchthon aus Wittenberg an Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg in Buchsweiler vom 22. August 1546; (Melanchton-Online, Nr. 4348 der Universität Heidelberg)
- Brief von Erzbischof Miklós Oláh aus Wien an den Klerus des Komitats Hont vom 10. April 1558; Brief von Ulrich Cubicularius und den Pfarrern des Seniorates Hont an Miklós Oláh, 1558; Brief von Johann Deretzky aus Gran (Esztergom) an Ulrich Cubicularius vom 1. August 1558, Briefe von Miklós Oláh aus Tyrnau (Trnava) an Ulrich Cubicularius in Schemnitz vom 3. September 1558 und aus Znió-Váralja (Kláštor pod Znievom) an Ulrich Cubicularius und den slowakischen Prediger Johann Senensis in Schemnitz vom 17. September 1558
- Brief von Johann Schader aus Karpfen (Krupina) an Ulrich Cubicularcius (sic!) in Schemnitz vom 28. November 1559; Staatliches Archiv Neusohl (BB/BS 2344)
- Brief von König Maximilian II. aus Wien an Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg vom 3. Mai 1564
- Brief von Ulrich Cubicularcius aus Pfaffenhoffen an den hanau-lichtenbergischen Rat Laurentius Montanus in Buchsweiler vom 14. Juni 1571
Werke
- (Handschrift) Confessio Montanarum Civitatum in Synnodo Schemniciensi ab omnibus eorundum V. D. Ministris an. 1559 die 6. Decemb. subscripta, Ferdinando I. Imp. ac Archiepiscopo Strigoniensi Nicolas Olaho exhibita.
- Confessio Ecclesiarvm Montanarvm Ciuitatu[m], Schemnitij ab omnibus earum Ministris habita Anno M. D. LIX. die VI. Mensis Decembris. Christoph Scholz, Neusohl 1578
- Zoltán Csepregi (Bearb.): Synopsis trium confessionum evangelicarum in Hungaria septemtrionali – Pentapolitanae, Heptapolitanae et Scepusianae – (lateinisch / deutsch / ungarisch). Budapest 2003 (Pdf der Evangelisch-lutherischen Kirche in Ungarn)
- X. Von der Visitacion und XI. Von den Synoden oder Capiteln der Pfarherrn. In: Kirchenordnung, wie es mit der Lehr und Ceremonien in der Graffschafft Hanaw und Herrschafft Lichtenberg sol gehalten werden. Müller, Straßburg 1573, S. 60–72 (Digitalisat der Universität Greifswald)
- Cerva matutina. Hoc est psalmi XXII. Deus Deus meus, etc. paraphrasis,… authore D. Ulrico Cubiculario,… Opera & studio M. Pauli Crusii,… edita … Anton Bertram, Straßburg 1590
Literatur
- Johannes Ribini: Memorabilia Augustanae confessionis in regno Hungariae a Ferdinando I. Vsqve Ad III. Lippert, Pozsony (= Preßburg; Bratislava) 1787, bes. S. 114f, 117, 119–122 und 184 (Google-Books)
- Johann Samuel Klein: Nachrichten von den Lebensumständen und Schriften Evangelischer Prediger in allen Gemeinden des Königreichs Ungarn. Bd. II, Diepold und Lindauer, Leipzig / Ofen 1789, S. 80–86, 137 und 164 (Google-Books); Bd. III, hrsg. von András Fabó. Hornyánsky, Pest 1873, S. 113 (Google-Books)
- Michael Dionys Doleschall: Die wichtigsten Schicksale der Evangelischen Kirche, Augsburgischen Bekenntnisses, in Ungarn … vom Jahre 1520 bis 1608. Hartmann, Leipzig 1828, S. 156–161 (Google-Books)
- Carl Varrentrapp: Zwei Briefe Melanchthons an Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg. In: Forschungen zur deutschen Geschichte 21 (1881), S. 341–353, bes. S. 361f (Digitalisat im Internet Archive)
- János Breznyik: A Selmecbányai Ágost. Hitv. Evang. Egyház és lyceum története (= Die Geschichte der Evangelischen Kirche und des Lyzeums Augburgischen Bekenntnisses in Schemnitz), Bd. I A XVI-ik századbeli események (= Die Geschehnisse des sechzehnten Jahrhunderts). Ágost Özvegyénel Joerges, Selmecbánya (= Schemnitz) 1883 (Digitalisat bei Hungaricana) (enthält zahlreiche deutschsprachige Quellentexte)
- Marie-Joseph Bopp: Die evangelischen Geistlichen und Theologen in Elsass und Lothringen von der Reformation bis zur Gegenwart, Degener, Neustadt an der Aisch 1959, S. 108
- Hans Dörr: Schriftwechsel zwischen Philipp Melanchthon und Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg. In: Der Odenwald 56 (2009), S. 25–30
- Peter Gbiorczyk: Die Beziehungen Philipp Melanchthons zur Grafschaft Hanau. In: Neues Magazin für Hanauische Geschichte (2014), S. 2–60, bes. S. 32f (Pdf)
Anmerkungen
- ↑ 1544 setzte sich Knebel bei Graf Philipp IV. für Erasmus Alber ein, 1554 war er Amtmann zu Buchsweiler.
- ↑ Katholischer Priester von Hohatzenheim, 1538 evangelischer Hofprediger Graf Philipps IV., seit 1542 Pfarrer in Buchsweiler.
- ↑ Eigentlich Ludwig Kurzschenkel aus Gemünden an der Wohra, Magister, 1564–1568 Schulmeister in Babenhausen, 1568–1571 Pfarrer in Kleestadt, seit 1571 in Buchsweiler, ab 1580 Pfarrer und Superintendent in Babenhausen.
- ↑ Aus Mühlfeld in Unterfranken, Sohn von Paul Crusius, ab 1576 Student in Straßburg, 1579 Magister, Pfarrer in Furdenheim, ab 1582 Vikar in Straßburg, 1587 bis 1609 Diakonus an St. Wilhelm, Vater des Professors für Poesie Johannes Paul Crusius (1588–1629).
- ↑ Johannes Ribini (* um 1728; † 1788) aus Nitra (Nyitra), ungarisch Ribiny János, lutherischer Prediger, zuletzt in Bratislawa (Preßburg).
- ↑ Auch Johann Breznyik (1815–1897), ab 1858 Direktor des lutherischen Lyzeums (Ober-Gymnasiums) in Schemnitz.
