Rolf Weinstock
Quick Facts
Biography
Rolf Weinstock (* 8. Oktober 1920 in Emmendingen; † 1952) war ein deutscher Jude, Schriftsteller und Überlebender des Holocaust.
Leben in der Zeit des Nationalsozialismus
Rolf Weinstock wuchs in Emmendingen auf. Sein Bruder Fritz Weinstock (1911–1945) war Mitglied der SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er bereits im Mai 1933 in „Schutzhaft“ genommen und emigrierte im Mai 1933 nach Frankreich. Rolf Weinstock wurde im November 1938, nach den Novemberpogromen verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. Nachdem er am 1. Mai 1939 wieder aus Dachau zurückkehren konnte, wurde er am 17. Oktober 1940 mit seiner Mutter, seiner Großmutter und den letzten Juden von Emmendingen erneut verhaftet und nach Südfrankreich ins Internierungslager Gurs deportiert. Dort verstarb seine Großmutter am 22. August 1941.
Nach Zwischenstation im Sammellager Drancy, wo er am 9. August 1942 ankam, wurde er, wie auch seine Mutter, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt. In Auschwitz wurde seine Mutter am 12. August 1942 in der Gaskammer ermordet. Weinstock wurde im Sommer 1942 als „Zivilarbeiter“ in die Kohlegruben des Außenlagers Jawischowitz beordert, wo er bis zu dessen Auflösung Zwangsarbeit leistete. Neun Tage vor der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 musste er mit anderen KZ-Häftlingen den Todesmarsch in das KZ Buchenwald antreten, wo er am 25. Januar ankam. Am 11. April 1945 wurde er dort mit seinen Mithäftlingen von amerikanischen Einheiten befreit.
Schriftsteller
Weinstock kehrte am 5. Juni 1945 nach Emmendingen zurück und wurde Leiter der Betreuungsstelle für die Opfer des Nationalsozialismus und Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. In seiner Heimatstadt war er in dieser Zeit verfemt, wurde abgelehnt und erhielt gehässige Drohbriefe. Er begann seine Erinnerungen an die Verfolgung zusammenzufassen und hatte bereits im Juli 1945 eine tagebuchartige Textskizze zusammengestellt. Damit hatte Weinstock eines der ersten Bücher über die Judenvernichtung nach dem Krieg vorbereitet und musste sich auf die Suche nach einem Verleger machen.
Erfolg hatte er mit seiner Suche erst 1948, als sich der kommunistische Volks-Verlag in Singen am Hohentwiel bereitfand, das Buch zu verlegen. Mit dem liberalen Willi Karl Hebel (1912 bis 2005) aus Schwenningen fand sich auch ein Drucker, der Weinstocks erstes Buch unter dem Titel „Das wahre Gesicht Hitler-Deutschlands“ mit einer Auflage von 3000 Exemplare druckte.
Weinstocks Bericht wurde jedoch kaum gekauft und gelesen. 1950 sollte sein im Sinne der DDR-Ideologie überarbeitetes Buch unter dem Titel „Rolf, Kopf hoch!“ im VVN-Verlag erscheinen, scheiterte aber auch dort. Es wurde noch am Tag seines Erscheinens eingestampft. Der Grund für dieses Vorgehen lag vermutlich in Weinstocks Schilderung der Befreiung des Lagers Buchenwald, die nach DDR-Geschichtsschreibung eine Selbstbefreiung durch kommunistische Häftlinge war, während Weinstock das Anrücken der amerikanischen Panzer als wesentlich für die Aufgabe des Lagers angab.
Die Schwenninger Druckerei Willi Karl Hebel musste für ihre Bereitschaft, das Buch zu drucken, später erhebliche wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen.
Der Schwenninger Historiker Michael J. H. Zimmermann hat von 2002 bis 2004 gemeinsam mit einem Geschichtslehrer und fünf Schülerinnen des Gymnasium am Deutenberg in einem Projekt im Fach Geschichte die Entstehung und Rezeption von Weinstocks Buch verfolgt und darüber berichtet.
Ehrungen
- 1991 hat die Stadt Emmendingen einen Weg nach der Familie Weinstock benannt.
Literatur
- Rolf Weinstock: Das wahre Gesicht Hitler-Deutschlands. Häftling Nr. 59000 erzählt von dem Schicksal der 10000 Juden aus Baden, aus der Pfalz und aus dem Saargebiet in den Höllen von Dachau, Gurs - Drancy, Auschwitz, Jawischowitz, Buchenwald 1938–1945. Volksverlag Singen/Htw. 1948
- Rolf Weinstock: "Rolf, Kopf hoch!". Die Geschichte eines jungen Juden. Bearbeitet von Anna von Fischer. VVN-Verlag Berlin-Potsdam 1950.
- Hans-Jörg Jenne, Gerhard A. Auer (Hrsg. im Auftrag der Stadt Emmendingen): Geschichte der Stadt Emmendingen. Bd. 2: Vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis 1945. Emmendingen 2011, ISBN 978-3-9811180-1-8