Patrick Gensing
Quick Facts
Biography
Patrick Gensing (geboren 1974) ist ein deutscher Journalist, Buchautor und Blogger. Er arbeitete als Nachrichtenredakteur bei tagesschau.de. Seit Anfang April 2017 ist er Leiter des tagesschau.de-Onlineportals faktenfinder. Seine inhaltliche Ausrichtung liegt bei den Themen Desinformation, Fake News und Rechtsextremismus.
Leben
In den Jahren 2003 und 2004 absolvierte Gensing ein Volontariat beim NDR. Danach war er als Autor und Mitarbeiter bei tagesschau.de und Panorama tätig. Sein Panorama-Beitrag Rassismus im Stadion: Die Welt zu Gast bei Feinden? war für den Civis – Europas Medienpreis für Integration 2007 nominiert. Er schrieb auch für das Zeit-Online-Blog Störungsmelder. Er war Referent der Medienakademie von ARD und ZDF zum Thema „Neonazis und Internet“.
In einem Interview 2015 mit dem Medienmagazin Vocer gab Gensing an, als Jugendlicher „Antifa mäßig unterwegs“ gewesen zu sein und dass es ihm aufgefallen sei, dass Rechtsextremismus damals kein Thema in den Medien gewesen sei. Als er "hauptberuflich anfing, als Journalist zu arbeiten", habe er angenommen, "die meisten Kollegen kennen sich damit [mit dem Thema] bestimmt aus, aber so war es eigentlich nicht. Ich habe gemerkt, dass ich einen Wissensvorsprung hatte, obwohl ich mich mehrere Jahre nicht mehr mit dem Thema beschäftigt habe. Als ich bei tagesschau.de angefangen habe, gab es niemanden, der sich groß dafür interessiert hat. Von daher habe ich mir dann das verwaiste Feld erschlossen."
Seit Ende 2005 war Gensing Mitherausgeber und Redakteur für das Internetprojekt NPD-Blog, das 2007 für den Grimme Online Award nominiert war. 2007 war er für den Goldenen Prometheus in der Kategorie Online-Journalist des Jahres nominiert. Im Mai 2009 erreichte er in der Kategorie Internet den 3. Platz des Axel-Springer-Preises für junge Journalisten. Im Oktober 2011 wurde das NPD-Blog in Publikative.org umbenannt. 2013 wurde es für den Grimme Online Award in der Kategorie Information mit der Begründung nominiert, Publikative.org habe sich als eine zentrale Informationsplattform über Rechtsextremismus in Deutschland etabliert. Ebenfalls 2013 wurde Gensing für das Blog Publikative.org mit dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet.
Von 2015 bis 2017 veröffentlichte Gensing gelegentlich Artikel auf der Internetseite der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung.
Seit dessen Gründung im April 2017 leitet Gensing den Faktenfinder der Tagesschau. Hier handelt es sich um eine Recherche-Redaktion der ARD zur Bekämpfung von Fake News. Zudem ist er seit April 2019 für das Ressort „Tagesschau Investigativ“ verantwortlich.
Positionen
Gensing kritisiert sowohl linken, rechten als auch islamistischen Antisemitismus. Zudem geht er von einer Bedrohung durch Propaganda und Desinformation in Europa aus, beispielsweise durch russische Auslandssender in Deutschland oder durch Troll-Netzwerke bei der Bundestagswahl 2017.
Als Journalist tritt Gensing regelmäßig als Referent und in Interviews zum Thema Desinformation auf und spricht sich dabei gegen gesetzliche Maßnahmen gegen Fake News aus: Der Umgang mit Fake News sei alles andere als simpel und plakativ. Man könne nicht einfach "stimmt nicht" darunterschreiben, weil "die meisten gezielten Falschmeldungen (...) einen wahren Kern" hätten. Oft vermittelten Statistiken zudem nur die halbe Wahrheit, man brauche immer auch Experten, die die Zahlen einordneten. "Diese Zahlengläubigkeit, die es teilweise gibt, ist irreführend." Gensing sagte 2015 als Gründer des Watchblogs publikative.org, dass eine bloße Anhäufung von Fakten nicht die Aufgabe von Journalismus sei. "Ich glaube, dass man die Leute eher gewinnen kann, wenn im Journalismus eine Haltung vertreten wird." Diese sei nötig, um die Fakten anschließend einzuordnen. Gensing warnt: "Je öfter falsche Behauptungen wiederholt werden, umso größer ist die Gefahr, dass Menschen sagen: Ich habe das jetzt so oft gehört und noch nie etwas Gegenteiliges, das wird schon stimmen." Die Bereitschaft, an Falschmeldungen zu glauben, sei zudem "längst nicht nur auf Populisten begrenzt".
Bei der re:publica 2019 kritisierte er die Fehleranfälligkeit des Online-Nachrichtenjournalismus. Die Diskussionen über Desinformation und Fake News sieht Gensing aber auch als Chance für den Journalismus, denn es finde eine Rückbesinnung auf Recherche statt. Die Bekämpfung von Fake News sei "jedenfalls nicht Aufgabe des Gesetzes, sondern eine Aufgabe des Journalismus".
Nach der Tötung des CDU-Politikers Walter Lübcke wies Gensing auf die langjährige Radikalisierung und die Bedeutung von Gewalt als politisches Mittel bei Rechtsextremen hin.
Des Weiteren kritisiert er die AfD, der „die Rolle von vermeintlichen Tabubrechern zu[komme], deren Behauptungen entkräftet werden müssten“. Seiner Ansicht nach ist die AfD für das politische Klima „derzeit gefährlicher als die NPD“.
Gensing spricht sich gegen die politische Verwendung des „alte[n] und sehr deutsche[n]“ Begriffes Heimat aus, da er Fremdenfeindlichkeit fördere. Der Heimatbegriff sei, ihm zufolge, zudem ein „Einfallstor für Antisemitismus“ und rechte Kapitalismuskritik, wenn er sich gegen Kosmopoliten und das „ortlose Finanzkapital“ wende. 2015 kritisierte er daher entsprechende Diskussionen um einen möglichen politischen Gebrauch des Begriffes innerhalb der SPD.
Veröffentlichungen
- Angriff von rechts. Die Strategien der Neonazis – und was man dagegen tun kann. dtv Verlagsgesellschaft, München 2009, ISBN 978-3-423-34551-4.
- Terror von rechts. Die Nazi-Morde und das Versagen der Politik. Rotbuch-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86789-163-9.
- mit Andrej Reisin: Der Präventivstaat. Warum Gesundheits-, Kontroll- und Verbotswahn Freiheit und Demokratie gefährden. Lingen Verlag, 2013, ISBN 3-942453-33-9.
- Rechte Hetze im Netz – eine unterschätzte Gefahr. Rowohlt Verlag, Mai 2016, ISBN 978-3-644-00002-5 (E-Book).
- von Andreas Speit herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären. Christoph Links-Verlag, Oktober 2018, ISBN 978-3-96289-008-7
- Fakten gegen Fake News oder Der Kampf um die Demokratie. Bibliographisches Institut – Duden, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-75428-1.