Mathilde Rathenau
Quick Facts
Biography
Sabine Mathilde Rathenau (* 17. März 1845 in Mainz; † 28. Juli 1926 Schloss Freienwalde/Bad Freienwalde) war die Ehefrau des AEG-Gründers Emil Rathenau und Mutter des späteren Reichsaußenministers Walther Rathenau.
Mathilde Rathenau stammte aus der alten jüdischen Kaufmanns- und Bankiersfamilie Nachmann, die ihren Stammbaum bis auf den Talmudgelehrten und Kabbalisten Mose Ben Nachman (1194–1270) zurückführt. Ihr Vater, der Bankier Isaak Nachmann (1816–1870), zog mit der Familie 1855 nach Frankfurt am Main, nicht zuletzt um Mathilde eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. 1866 heiratete sie den Berliner Industriellen Emil Rathenau (1838–1915), mit dem sie die Kinder Walther (1867–1922), Erich (1871–1903) und Edith (1883–1952) hatte. Vor allem zu Walther hatte Mathilde ein enges Verhältnis und vermittelte ihm Interesse für Kunst und Wissenschaft.
Anlässlich ihrer Silberhochzeit gründeten die Eheleute Rathenau 1892 die „Mathilde-Rathenau-Stiftung für weibliche Angehörige und Hinterbliebene von Angestellten der AEG und Berliner Elektrizitätswerke“. Diese Stiftung sollte allen weiblichen Beschäftigten, allen Ehefrauen von Beschäftigten und deren Kindern kostenlose medizinische Behandlung im Krankheitsfall gewährleisten. Die Stiftung finanzierte außerdem Aufenthalte von Kindern der Angestellten in Ferienkolonien und unterhielt einen Pensions- und Unterstützungsfonds.
Die Ermordung ihres Sohnes Walther 1922 traf Mathilde Rathenau schwer. Sie spielte eine wichtige Rolle bei den Gedenkfeiern, verkörperte sie doch, so die Historikerin Manuela Achilles, aus der republikanischen Perspektive einerseits die zutiefst verletzte Republik, andererseits aber auch Vergebung und Versöhnung. Dazu trug ein häufig zitierter Brief bei, den Mathilde Rathenau anlässlich des Strafprozesses gegen die Verschwörer an die Mutter des wegen Mordes angeklagten Ernst Werner Techow schrieb:
In ihren letzten Lebensjahren bemühte sich Mathilde Rathenau um das öffentliche Andenken an ihren Sohn Walther. Sie ordnete seinen Nachlass und gewann Dezember 1922 Harry Graf Kessler für die Abfassung einer ersten offiziellen Biographie, nachdem Sie zuerst an Stefan Zweig gedacht hatte. Im Juni 1923 übergab sie die Villa in der Koenigsallee in Berlin-Grunewald dem Staat für ein Museum und als Sitz der neu gegründeten Walther-Rathenau-Stiftung. Nach ihrem Tod auf Walther Rathenaus Sommersitz Schloss Freienwalde verschenkten ihre Erbinnen Schloss und Stiftungsanteile an den Landkreis Oberbarnim. Ihre letzte Ruhe fand sie in der Familiengrabstätte der Familie Rathenau auf dem landeseigenen Waldfriedhof Oberschöneweide im Feld I/1.
Die Mathildenstraße in Berlin-Oberschöneweide ist nach Mathilde Rathenau benannt. Der Vorschlag der BVV Treptow-Köpenick, auch eine neue Spreebrücke nach ihr zu benennen, wurde 2016 verworfen.
Literatur
- Thomas Irmer: Sabine Mathilde Rathenau geb. Nachmann. In: Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin (Hg.): Frauenmosaik. Neue Frauenbiographien aus dem Berliner Stadtbezirk Treptow-Köpenick. Trafo Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-89626-862-4, S. 13–32.
- Thomas Irmer: Eine Werks-Stiftung für Frauen. Zur Geschichte der „Mathilde Rathenau-Stiftung“ für weibliche Beschäftigte der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) im Deutschen Kaiserreich. In: Andreas Ludwig, Kurt Schilde (Hg.): Jüdische Wohlfahrtsstiftungen. Initiativen jüdischer Stifterinnen und Stifter zwischen Wohltätigkeit und sozialer Reform. Fachhochschulverlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-940087-66-9, S. 213–237.
- Landeshauptstadt Mainz, Frauenbüro (Hg.): Frauenleben in Magenza. Die Porträts jüdischer Frauen aus dem Mainzer Frauenkalender und Texte zur Frauengeschichte im jüdischen Mainz. 3. Aufl., Mainz 2010, S. 17.