Marlene Engelhorn
Quick Facts
Biography
Marlene Engelhorn (geboren 1992 in Wien) ist eine deutsch-österreichische Aktivistin und Publizistin. Als Mitgründerin der Initiative taxmenow setzt sie sich für soziale Gerechtigkeit, eine Reform von Steuerpolitiken und Erbschaftsteuern ein.
Leben und Familie
Engelhorn wuchs in Wien auf und besuchte einen privaten Kindergarten und eine Privatschule. Sie studiert seit dem Sommersemester 2013 mit einer Unterbrechung von 2015 bis 2019 Germanistik an der Universität Wien. Zwischenzeitlich arbeitete sie im Bereich der Nachhilfe und des Sprachtrainings und ist seit mindestens Februar 2021 als Aktivistin aktiv. Über ihr Privatleben gibt Engelhorn ungern Informationen bekannt. Sie besitzt die deutsche und österreichische Staatsbürgerschaft.
Sie ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn (1821–1902) aus der Familie Engelhorn, Gründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF). Ihre Großmutter war Traudl Engelhorn-Vechiatto, die 1955 Peter Engelhorn, den Urenkel von Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe, geheiratet hatte. Der Verkauf der Boehringer-Mannheim-Anteile an Hoffmann-La Roche im Jahr 1997 brachte den Anteilseignern elf Milliarden Dollar ein. Durch eine von Curt Engelhorn – dem damaligen CEO – gegründete Holding-Konstruktion auf den Bermudas blieb diese Transaktion in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf legale Weise steuerfrei. Zuletzt wurde das Vermögen der Großmutter auf mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Aktivitäten und Positionen
Engelhorn ist Teil einer laut New York Times wachsenden Bewegung junger, politisch links eingestellter Millionäre, die sich für eine stärkere Besteuerung vererbter Vermögen einsetzen. Engelhorn vertritt die Position, dass es nicht demokratisch sei, wenn Vermögende gemäß ihren persönlichen Präferenzen und Interessen geerbtes Vermögen verteilten. Philanthropie würde nur die Machtverhältnisse zementieren, die durch eine tiefgreifende Ungleichheit ihrer Meinung nach erzeugt wird. Auch Start-up-Finanzierung würde wenig zur Lösung der Probleme dieser Welt beitragen, es bräuchte strukturelle Veränderungen.
Engelhorn ist in Kontakt mit einer Gruppe junger Millionärinnen und Millionäre mit dem Namen Resource Generation und gehörte im Februar 2021 zu den Mitgründern einer AG Steuergerechtigkeit, aus der im Juni des Jahres taxmenow (Initiative für Steuergerechtigkeit e.V.) hervorging. Bei taxmenow ist sie zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Die Gruppe von wohlhabenden Personen setzt sich für die Besteuerung von großen Vermögen ein. Insbesondere für Superreiche bedürfe es einer neuen Steuerpolitik. Die Gruppe fordert je nach Land die Einführung oder Erhöhung von Erbschaftssteuern. Außerdem ist sie Mitglied der Guerrilla Foundation und machte bei der Non-Profit-Organisation ab September 2020 ein Volontariat.
Engelhorn fordert die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen, die in Deutschland ausgesetzt ist, und der Erbschaftssteuer in Österreich, die aufgehoben wurde. Anstelle der Abhängigkeit von Spenden durch reiche Leute fordern die Millionäre eine Vermögenssteuer von 1 Prozent, die für den Kampf gegen Pandemien, Armut und Klimawandel eingesetzt werden soll. Sie gab bekannt, dass sie 90 bis 95 Prozent ihres präsumtiven Erbes – eines zweistelligen Millionenbetrags – spenden werde. Sie schloss sich dem Netzwerk Millionairs for Humanity an und ist Teil des internationalen Bündnisses Patriotic Millionaires, in dem sich über 100 Millionäre und Milliardäre (von ca. 21,7 Millionen weltweit) zusammengeschlossen haben, um eine höhere Besteuerung zu fordern.
Gemeinsam mit dem Netzwerk Steuergerechtigkeit und der Bürgerbewegung Finanzwende startete taxmenow eine Unterschriftenaktion, an der sich nach eigenen Angaben rund 50 vermögende Unterzeichner beteiligten. Etwa die Hälfte gaben dabei ihren Namen der Öffentlichkeit bekannt, darunter Antonis Schwarz (Schwarz Pharma), der wohlhabende IT-Unternehmer Ralph Suikat und Engelhorn.
Engelhorn propagiert das Konzept Verantwortungseigentum.
Im ORF-Radiosender Österreich 1 moderierte sie in den Jahren 2022 und 2023 die „Im-Gespräch“-Reihe „Seid umschlungen Millionen!“ mit der Armutsaktivistin Daniela Brodesser, dem früheren Finanzminister Ferdinand Lacina, der Juristin Katharina Pistor und der Kulturanthropologin Francis Seeck.
Des Weiteren engagiert sich Marlene Engelhorn beim Wiener Projekt queerconneXion, das LGBTQ-Aufklärungsarbeit bei Jugendlichen leistet.
Im Januar 2024 gab Engelhorn bekannt, dass sie aus dem von ihrer Großmutter geerbten Anteil 25 Millionen Euro der Allgemeinheit zur Verfügung stellen will. Ein Bürgerrat Guter Rat für Rückverteilung, bestehend aus 50 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Österreich, soll über die Verwendung des Vermögens entscheiden. Der Auswahlprozess soll so gestaltet werden, dass die Personen repräsentativ für die Menschen über 16 Jahren in Österreich stehen sollen. Engelhorn selbst soll dabei keine Mitsprache haben. Ausgeschlossen seien lediglich verfassungswidrige, lebensfeindliche, menschenverachtende und profitorientierte Zwecke. Dieser Ansatz solle ein Zeichen gegen die ungleiche Vermögensverteilung setzen. Diese habe negative Auswirkungen auf Gesellschaften, das politische System und die Medienlandschaft. Überproportionaler Einfluss reicher Menschen gefährde die Demokratie. Die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, zollte Engelhorn „großen Respekt“.
Rezeption
Laut der österreichischen Ausgabe der Zeitschrift Forbes trat Engelhorn „von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den ORF bis zum ZDF mittlerweile in fast jedem deutschsprachigen Medium mit ihren Forderungen“ auf. Beispielsweise war sie bei Wolfgang M. Schmitt eingeladen, beantwortete auf ZDF-kultur 13 Fragen zum Thema Ist Erben gerecht? und war am 4. Februar 2023 der erste Gast der neuen Gesprächsreihe „Was wäre wenn“ von Hannah Horsten in der Ö1-Sendung Diagonal. Ihr ist bewusst, dass ihr nur zugehört wird, weil sie vermögend ist. Unter den Millionären, die eine höhere Besteuerung fordern, ist Engelhorn das bekannteste Gesicht im deutschsprachigen Raum.
Engelhorn wird international rezipiert beispielsweise von The Guardian, Le Monde, El País und der brasilianischen Zeitschrift Aventuras na História. The New York Times schrieb eine Reportage über sie.
Auszeichnung
- 2022 erhielt Engelhorn den Anerkennungspreis des Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch für ihr Buch Geld.
Veröffentlichungen
- Geld. Kremayr & Scheriau, Wien 2022, ISBN 978-3-218-01327-7.