Kurt Reuber
Quick Facts
Biography
Kurt Reuber (* 26. Mai 1906 in Kassel; † 20. Januar 1944 oder 21. April 1944 im Kriegsgefangenenlager Jelabuga) war ein deutscher Arzt, evangelischer Pfarrer und bildender Künstler, der durch die Stalingradmadonna bekannt wurde.
Biographie
Kurt Reuber wuchs in einem von pietistischer Frömmigkeit geprägten Elternhaus auf. Ab 1913 besuchte er die Bürgerschule, ab 1917 die Oberrealschule in Kassel. Er ist Absolvent des Kasseler Gymnasiums Wesertor.
Theologiestudium
Nach dem Abitur 1926 studierte er Theologie in Bethel, Tübingen und Marburg. Zu dieser Zeit besuchte er auch medizinische Vorlesungen und nahm Malunterricht. Eine frühe Begegnung mit Albert Schweitzer und eine daraus erwachsene Freundschaft waren wegweisend für sein Leben, durch das ihn auch stets die Malerei begleitete. An das Theologiestudium schloss sich 1930 die Vikariatsszeit für ein Jahr im hessischen Zella-Loshausen (Schwalm) und von 1931 bis 1932 in Marburg an. Hier nahm er Kontakt zur Willingshäuser Malerkolonie auf und fertigte erste Ölbilder. 1932 besuchte Reuber das Predigerseminar in Hofgeismar.
Im Jahre 1933 absolvierte Kurt Reuber sein zweites theologisches Examen und wurde bei Friedrich Heiler in Marburg mit einer Arbeit zum Thema Die Mystik in der Heiligungsfrömmigkeit der Gemeinschaftsbewegung zum Doktor der Theologie promoviert.
Studium der Humanmedizin
Am 1. April desselben Jahres wurde er Pfarrer in Wichmannshausen im Kreis Eschwege (heute: Werra-Meißner-Kreis) und nahm gleichzeitig ein Medizinstudium an der Universität Göttingen auf. Hier promovierte er im Jahre 1938 mit einer Arbeit zum Thema Die Ethik des heilenden Standes in den Ordnungen des hessischen Medizinalwesens von 1564 bis 1830 zum Doktor der Medizin. 1933 wurde er in die Michaelsbruderschaft aufgenommen.
Truppenarzt
Im Oktober 1939 erhielt Reuber die Einberufung zur Wehrmacht und nahm ab November 1942 als Truppenarzt an der Schlacht von Stalingrad teil. Er operierte zwölf Stunden am Tag. Zwei Tage vor Schließung des Kessels kehrte er vom Heimaturlaub zurück.
Gefangenschaft
Im Januar 1943 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde ins Kriegsgefangenenlager für Offiziere Nr. 97 in Jelabuga (heute in Tatarstan) verbracht. Dort kümmerte er sich um seine Mitgefangenen.
Tod in der Gefangenschaft
Am 20. Januar 1944 oder am 21. April 1944 verstarb Kurt Reuber in Jelabuga an Fleckentyphus. Er wurde in einem Einzelgrab im Gefangenenlager Jelabuga beigesetzt. Am 17. Februar 1946 hielt der Pfarrer und Dichter Arno Pötzsch in der Dorfkirche zu Wichmannshausen die Trauerfeier.
Stalingradmadonna
Zum Weihnachtsfest 1942, als die Rote Armee Stalingrad bereits über vier Wochen eingeschlossen hatte und die eingekesselten Soldaten gegen Kälte und Hunger um ihr Überleben kämpften, zeichnete Reuber für seine Kameraden mit Kohle auf die Rückseite einer russischen Landkarte die später berühmt gewordene Stalingradmadonna. In einem Bunker in Stalingrad beteten seine Kameraden Weihnachten 1942 vor diesem Bild der Mutter mit Kind. Die Stalingradmadonna, sein Selbstbildnis und etwa 150 weitere Porträts wurden von seinem Kommandeur mit der letzten Maschine aus dem Kessel von Stalingrad nach Deutschland gebracht. Auf Initiative des Bundespräsidenten Karl Carstens wurde das Original der Madonna von Stalingrad am 26. August 1983 der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche übergeben, wo es heute in einer kleinen Nische zu sehen ist. Als Zeichen der Aussöhnung befindet sich dort auch eine Madonna mit Kind in Form einer Ikone, die von der Kirche in Wolgograd (das frühere Stalingrad) gestiftet wurde.
Gefangenenmadonna
Zum Weihnachtsfest 1943 entstand im Kriegsgefangenenlager Jelabuga eine zweite Madonna von Kurt Reuber, die für die Lagerzeitung bestimmt war und die Ängste und geringen Hoffnungen der Lagerhaft widerspiegelte. Dieses später „Gefangenenmadonna“ genannte Bild wurde 1946 von einem entlassenen Soldaten der Familie Reuber überbracht.
Kopien der Stalingradmadonna zur Erinnerung
Kopien des Madonnenbildes sind heute in zahlreichen Kirchen Deutschlands (bspw. der St.-Martins-Kirche in Wichmannshausen, wo Reuber Pfarrer war) und einigen Kirchen Europas (unter anderen in der von der deutschen Luftwaffe zerbombten Kathedrale von Coventry) als Zeichen der Versöhnung ausgestellt.
Literatur
- Erich Wiegand: Kurt Reuber. Pfarrer, Arzt und Maler. Monographia Hassiae, Band 21. Verlag Evangelischer Medienverband, Kassel 1998, ISBN 3-89477-951-9-
- Ute Tolkmitt (= Tochter von Kurt Reuber), Kurt Reuber, in: Die Stalingrad-Madonna. Das Werk Kurt Reubers als Dokument der Versöhnung, hrsg. v. Martin Kruse, Lutherisches Verlagshaus, Hannover, 1996, ISBN 3-7859-0643-9.
- Andreas Mettenleiter: Selbstzeugnisse, Erinnerungen, Tagebücher und Briefe deutschsprachiger Ärzte. Nachträge und Ergänzungen III (I–Z). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22, 2003, S. 269–305, hier: S. 287.