Herbert Terpitz
Quick Facts
Biography
Herbert Terpitz (* 8. März 1903 in Radeberg; † 18. Juni 1967 in Dresden) war ein deutscher Architekt.
Leben und Wirken
Ausbildung und Studium
Herbert Terpitz absolvierte ein Studium an der von Martin Hammitzsch geleiteten Sächsischen Staatsbauschule für Hochbau und Tiefbau in Dresden, das er 1925 abschloss.
Von 1929 bis 1933 studierte er Architektur in der Meisterklasse für Baukunst an der Kunstakademie Dresden bei Wilhelm Kreis, der 1926 zeitgleich mit der Auftragserteilung für den Bau des Hygienemuseums die Nachfolge von Heinrich Tessenow in der Meisterklasse angetreten hatte. Von den Studenten ließ Kreis in einer systematischen Reihenfolge Aufgaben aus allen Bereichen des Bauens bearbeiten, die meistens in Form von Studentenwettbewerben durchgeführt wurden. Stets drang er auf eine technisch-konstruktive Durchbildung der Entwürfe, ohne dass jedoch ein „allzu großer theoretischer Ausbildungsapparat den klaren Blick für das Notwendige und Nützliche erschwert“. Kreis propagierte eine sachliche Gestaltung. Stilistisch orientierte er sich an einem klaren einfachen Neoklassizismus. Er legte grossen Wert auf Erziehung zum kollektiven Handeln und Denken. Der absoluten Technikgläubigkeit, wie sie damals von vielen Protagonisten der Moderne vertreten wurde, stand er eher verhalten gegenüber:
„Die neue Baukunst muß aus der Technik hervorgehen, aber ist nicht in ihr enthalten. (…) (Es) muß das Bauwerk zum Kunstwerk in persönlicher Künstlerschaft gesteigert werden.“
Selbständigkeit
Zusammen mit Hans Edlich nahm Terpitz noch im Jahr seines Studienabschlusses 1933 an dem Wettbewerb für die Reichsführerschule Neu-Grünwald bei München teil. Einstimmig entschied das Preisgericht 1934, die Preissumme von 30.000 Reichsmark auf zwei Preiskategorien zu verteilen. Von den insgesamt 700 eingereichten Arbeiten wurden 20 Entwürfe mit je 1.000 Reichsmark und 20 Entwürfe – darunter auch die Arbeit von Terpitz und Edlich – mit je 500 Reichsmark prämiert. Alle Preisträger sowie weitere 60 auch in die engere Wahl gezogene Architekten wurden zu einer zweiten Wettbewerbsstufe eingeladen.
In Arbeitsgemeinschaft mit Alfred Müller-Moreitz (Leipzig) nahm Terpitz im Herbst 1934 am Wettbewerb für das Gauforum Dresden teil. Auf den Güntzwiesen, zwischen Hygienemuseum und Großem Garten gelegen, sollte der neue Adolf-Hitler-Platz erstellt werden, um den sich die „Monumentalbauten des Staates, der Partei und der Stadt, wie sie aus den Bedürfnissen des Dritten Reiches erwachsen“ gruppieren sollten. Der Beitrag von Terpitz und Müller-Moreitz war bei der Jurierung 1935 ursprünglich für den 1. Preis vorgesehen gewesen. Nach Entschlüsselung der Autorenschaft der Wettbewerbsbeiträge wurde die Arbeit jedoch aus der offiziellen Bewertung ausgeschlossen und nur mit einem Ankauf außer Wertung bedacht (dotiert mit 1.000 Reichsmark), weil einer der beiden Autoren nicht Mitglied in der Reichskammer der bildenden Künste war. Für Herbert Terpitz ist die Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste, die nach dem 1934 erlassenen Architektengesetz formale Voraussetzung für eine selbständige Berufsausübung war, erst für 1938 belegt. Sein Architekturbüro befand sich im Erdgeschoss des eigenen Wohnhauses in der Clausen-Dahl-Straße 7 in Dresden-Leubnitz.
Zusammen mit seinem ehemaligen Kommilitonen Horst Grabner nahm Terpitz 1936 an einem städtebaulichen Wettbewerb für eine Gemeinschaftssiedlung auf dem Gelände des gerodeten Kaditzer Tännichts entlang der Kötzschenbroder Straße teil. Der Beitrag wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet und die beiden Architekten daraufhin mit der Ausführung beauftragt, die sich bis 1938 erstreckte. 1939 nahm er wiederum zusammen mit Horst Grabner an einem ausschließlich unter Dresdner Architekten ausgeschriebenen Wettbewerb für eine Gemeinschaftsanlage der soeben fertiggestellten Gemeinschaftssiedlung teil. Die Arbeitsgemeinschaft gewann den mit 1.800 Reichsmark dotierten 1. Preis. Noch nach abgeschlossener Jurierung wurde verspätet von Hans Richter ein Wettbewerbsbeitrag eingereicht. Dieser Beitrag wurde auf Grund seiner hohen überzeugenden Qualität angekauft und zur Ausführung empfohlen. Kriegsbedingt wurde die Gemeinschaftsanlage jedoch nicht ausgeführt.
Im Rahmen der Dresdner Jahresschau „Garten und Heim“ von 1937 baute Terpitz ein kleines eingeschossiges Wochenendhaus mit traditionellem Schrägdach, gelegen im Garten in bewegtem Gelände. Die Ausstellung war als Fortsetzung der Reichsgartenschau Dresden 1936 konzipiert, thematisch ergänzt um das für breite Volkskreise erschwingliche Eigenheim. Im Auftrag des Gauheimstättenamtes waren auf 300.000 m² Parkfläche im Großen Garten in unmittelbarer Nachbarschaft zum ursprünglichen Ausstellungsgelände am Stübelplatz (dem heutigen Straßburger Platz) zahlreiche Siedlungs- und Wochenendhäuser verschiedenster Größe und Bauweise im Kostenrahmen von 6.000 bis 16.000 Reichsmark erstellt wurden. Dem Ausstellungstitel entsprechend wurde sehr viel Wert auf eine kontextuelle Einbindung der Bauten in den Garten und die Landschaft gelegt. In der Publikumszeitschrift Innendekoration wurde dem kleinen Bau lobend attestiert, diesem Anspruch vorbildhaft zu entsprechen. Auch auf die gelungene Innengestaltung und die einfache aber sorgfältige Grundrissbildung wurde hingewiesen.
Lehrer an der Akademie
1938 übernahm Herbert Terpitz als Nachfolger von Oskar Menzel die Lehrstelle für Raumkunst an der Akademie für Kunstgewerbe Dresden. Nach der am 23. Februar 1940 verordneten Zusammenlegung der Kunstakademie Dresden und der Akademie für Kunstgewerbe Dresden zur Staatlichen Kunsthochschule Dresden wurde er als Lehrer in die von Wilhelm Kreis geleitete Abteilung für Baukunst eingegliedert. Zeitgleich wurde er auf Grund seiner langjährigen SA-Mitgliedschaft aber auch von der Ordnungspolizei im Generalgouvernement zum „langfristigen Notdienst“ in Krakau einberufen. Daher wurde er zwar offiziell von 1940 bis 1945 im Personalkader der Hochschule geführt und auch von dieser besoldet, war jedoch als Lehrer in der ab 1942 von Paul Fliether geleiteten Abteilung de facto nicht tätig.
Rehabilitation und Neuorientierung
Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kehrte Herbert Terpitz 1945 nach Dresden zurück. Da in den unmittelbaren Nachkriegsjahren Mangel an erfahrenen Architekten für die schier unlösbar erscheinende Aufgabe des Wiederaufbaus bestand, fand er unmittelbar Anstellung in dem zentral geleiteten Planungsbüro Industrie-Entwurf Dresden. Der Rückgriff auf einen erfahrenen Architekten wie ihn, der im Dritten Reich seine Karriere erfolgreich vorangetrieben hatte, war unverzichtbar und durchaus kein Einzelfall. Selbst im Ensemble der „Architekten der ersten Stunde“ waren mit Architekten wie z. B. Hans Gericke, Otto Selbst und Kurt W. Leucht Personen mit ähnlichem biografischen Hintergrund tätig.
Eine Rückkehr in die Selbständigkeit als Architekt war für ihn zu dieser Zeit nicht möglich. Mit der Gründung der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) im Juni 1947 begann der Prozess des wirtschaftlichen und damit auch des politischen Umbaus mit dem Ziel, eine gesamtstaatliche Wirtschaftsplanung über die Länderhoheiten hinweg zu entwickeln, die später zur Planwirtschaft umgeformt werden sollte. Auch das Bauwesen wurde auf planwirtschaftliche Strukturen umgestellt. Einhergehend mit der rigorosen Einschränkung der privaten Besitzstände wurde auch die Abschaffung der freien Berufsstände als mittelfristiges Ziel angestrebt. Mit dem fortschreitenden Ausbau der staatlichen Entwurfsbüros und dem volkseigenen Sektor des Bauwesens wurden die noch verbliebenen freiberuflichen Architekten sukzessive in ihrer Aktivität eingeschränkt. Ab 1950 wurden überhaupt keine privaten Architekturbüros mehr zugelassen. Die Zukunft des Baugeschehens in der DDR gehörte konkurrenzlos den Volkseigenen (VE) Projektierungsbüros.
Anstellung im Entwurfsbüro für Industriebau
Ab 1945 arbeitete Terpitz als angestellter Architekt im Entwurfsbüro für Industriebau Dresden I (1957 umbenannt in Entwurfsbüro des VEB Industrie-Projektierung Dresden I).
Die Aufgabenbereiche des Entwurfsbüros für Industriebau waren in den frühen Jahren der DDR vielfältig. So wurden unter der Leitung von Kurt Borges von 1951 bis 1953 bei der Projektierung der Montagehalle des Transformatoren- und Röntgenwerkes Dresden erste Experimente mit der Konstruktion von geschosshohen Betonfertigteilen bei mehrgeschossigen Gebäuden durchgeführt und damit der erste Plattenbau der DDR realisiert. Neben klassischen Industriebau-Aufgaben wurde das Büro aber auch immer wieder mit Entwurfs- und Ausführungsaufgaben für andere Bereiche beauftragt (z. B. Wiederaufbau der Semper-Galerie, Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“, Dresden)
1951 war Terpitz als Mitarbeiter im Kollektiv an der Projektierung und Realisierung des Neubaus für das Institut für Anorganische Chemie der Bergakademie Freiberg tätig, der nach dem bekannten Wissenschaftler Clemens Winkler benannt wurde. Die nach dem Krieg schnell ansteigende Studentenzahl hatte für die Bergakademie einen Ausbauplan mit neuen Institutsbauten notwendig gemacht. Herausragender Akzent des Komplexes ist der große Hörsaal, aufbauend auf einem trapezförmigen Grundriss, wie er typisch für die frühen 1950er Jahre war. Die dynamisierte Form, die gleichwohl leicht klassizistische Elemente in der Front nicht ausschließt, ist offensichtlich inspiriert von dem 1939 von Walter Gropius und Maxwell Fry erstellten Village College in Impington, Großbritannien.
Die Ereignisse um den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 tangierten auch das Entwurfsbüro und führten zu einschneidenden personellen Veränderungen. Nachdem die Betriebsleitung unter dem damaligen Direktor Kurt Borges noch im Nachgang des Aufstandes an zentraler Stelle Forderungen nach Freizügigkeit, Reisefreiheit ins kapitalistische Ausland, freien Literaturbezug u. a. erhoben hatte, wurden Borges und drei weitere Führungskräfte zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Leitung des Büros wurde daraufhin dem jungen Architekten Hellmuth Bräuer übertragen, der zudem noch im selben Jahr der erste Vorsitzende der Bezirksgruppe Dresden des neu gegründeten Bundes Deutscher Architekten in der DDR wurde. Terpitz selbst war auch Mitglied im BdA und zudem langjähriges Vorstandsmitglied. Auch war er Teil des "Kreis-kreises", eines Interessenzirkels zum fachlichen Austausch ehemaliger Schüler und Mitarbeiter von Wilhelm Kreis.
Unter Bräuers Leitung arbeitete Terpitz dann auch im Kollektiv am Beitrag des Entwurfsbüros für den vom Stadtplanungsamt der Stadt Dresden am 10. September 1953 ausgeschriebenen beschränkten Ideenwettbewerb für „die weitere städtebauliche und architektonische Gestaltung des Zentralen Platzes in Dresden“ mit. Die Wettbewerbsaufgabe bestand im Wiederaufbau des Dresdner Altmarktes zu einem zentralen Aufmarschplatz mit einem Hochhaus an der Nordseite, einem Hotel an der Ostseite, verschiedenen Ladeneinheiten, dem Haus der Partei auf der Südseite des Platzes sowie einer Gastwirtschaft und einem Kaufhaus am Ende der Prager Straße. Nach nur vierwöchiger Bearbeitung tagte das Preisrichterkollegium am 20. Oktober 1953 unter der Leitung von Edmund Collein und zeichnete den Beitrag der Gruppe Hermann Räder von der HAB Weimar mit dem 1. Preis aus.
Bereits im November 1952 war unter drei Kollektiven des VEB (Z) Projektierung Sachsen ein „Wettbewerb zur städtebaulichen und architektonischen Gestaltung der Aufbaumaßnahmen im Zentrum“ ausgetragen wurden. Das Anliegen des Konkurrenzverfahrens war, den Platz auf 20.000 Quadratmeter zu erweitern, ein Haus für den Rat der Stadt auf der Nordseite und ein Haus der SED auf der Südseite zu bauen. Weil die Teilnehmer alle gegen die grundlegende Zielsetzung verstießen, einen großen Demonstrationsplatz anzubieten, konnte keiner der vier eingereichten Beiträge die Jury vollends überzeugen und es wurde demonstrativ kein 1. Preis vergeben. Da zumindest der zweitplatzierte Beitrag vom Kollektiv Herbert Schneider und der drittplatzierte Beitrag vom Kollektiv Johannes Rascher gewisse Grundzüge der nationalen Tradition und der angestrebten städtebaulichen Konstellation aufwiesen, wurden die beiden zur Überarbeitung der Entwürfe gebeten.
Beiden Wettbewerben war eine jahrelange Debatte um den angemessenen Ort sowie die richtige Form und Größe des zukünftigen zentralen Demonstrationsplatzes vorausgegangen, wie er in den Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus postuliert war. Nachdem von offizieller Stelle der Altmarkt dafür festgelegt worden war, stieß das geplante Hochhaus auf der Nordseite des Platzes und die Erweiterung der historischen Platzform nach Süden nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in der breiten Bevölkerung auf heftige Kritik. Auf der Sitzung des Architekturbeirates am 5. August 1953 forderten Herbert Terpitz und Helmut Köckeritz die Abschirmung der Kreuzkirche gegen den Altmarkt.
Anstellung im Entwurfsbüro für Hochbau
Ab 1954 arbeitete Terpitz als leitender Architekt im Entwurfsbüro für Hochbau Dresden I (1959 umbenannt in Entwurfsbüro des VEB Hochbauprojektierung Dresden I), wo er hauptsächlich mit Aufgaben des Wiederaufbaus für das kriegszerstörte Dresdner Stadtzentrum betraut wurde. Zum Zeitpunkt von Terpitz’ Eintritt war Johannes Rascher der amtierende Chefarchitekt des Entwurfsbüros.
Als mit der Auflösung der Länder in der DDR 1952 das Entwurfsbüro Teil des Stadtplanungsamt des Rates des Bezirks Dresden wurde, unterstand es quasi direkt dem Einfluss der Stadt. Als ständiger Teilnehmer der Entwurfsratssitzungen, in denen die Abteilungsleiter die Arbeitsstände der einzelnen Projekte vorstellten, beteiligte sich der damals amtierende Chefarchitekt der Stadt Herbert Schneider aktiv an der Diskussion und brachte somit direkt seine Vorstellungen ein. Der Chefarchitekt der Stadt Dresden, auch Stadtarchitekt genannt, unterstand unmittelbar dem Oberbürgermeister, war verantwortlich für die Durchführung der Stadtplanungsarbeiten und zentrale Schlüsselfigur für alle architektonischen und städtebaulichen Belange der Stadt. Fachlich wurde er angeleitet durch das Ministerium für Aufbau. Die Stelle des Chefarchitekten war im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des Bauwesens der DDR 1955 geschaffen worden, die als Konsequenz auf die Allunionskonferenz 1954 in der Sowjetunion erfolgte. In einer bahnbrechenden Rede hatte sich Chruschtschow dort radikal vom bisherigen Bauen im Stil der Nationalen Tradition distanziert und die sofortige Hinwendung zu rationalisierten Bauweisen in der Sowjetunion proklamiert. Unmittelbar nach der Konferenz erfolgte in der DDR eine offizielle, auf die spezifischen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse angepasste Exegese.
1956 bis 1961 führte das Kollektiv Entwurfsgruppe II unter der Leitung von Terpitz und Heinz Mersiowsky die drei östlich des Altmarktes errichteten Baublöcke A-Süd, B-Süd und D-Süd mit den inneren Fußgängerzonen aus. Der Block C-Süd wurde vom Kollektiv Entwurfsgruppe I unter der Leitung von Wolfgang Hänsch und Gerd Dettmar erstellt. Die Hochbauentwürfe basierten auf den vom Stadtarchitekten Herbert Schneider und dessen Kollektiv vom Stadtbauamt erstellten und 1957 amtlich bestätigten Stadtbebauungsplan. Dieser sah vor, an die historische Struktur des Stadtzentrums anzuknüpfen. Selbstverständlich sollte nicht das alte Bild der Stadt vor der Zerstörung wiederhergestellt werden, sondern vielmehr etwas von der früheren urbanen Atmosphäre bewahrt und der Charakter des einst dicht und hoch bebauten Altstadtkerns in die neuen, modernen Strukturen übertragen werden. Als besonders wirkungsvoller Akzent wurde an der nordöstlichen Ecksituation des Quartiers am Kreuzungspunkt von Ernst-Thälmann-Straße (heute wieder Wilsdruffer Straße) und Ringstraße ein achtgeschossiges Büro- und Geschäftshaus erstellt. Besondere Sorgfalt wurde bei der Anpassung der neuen Bebauung an die bereits Jahre zuvor erstellten Bauten am Altmarkt verwendet. So tragen die Bauten trotz der ab 1955 offiziell propagierten Zuwendung zur industriellen Bauweise immer noch die Züge des Stiles der Nationalen Tradition, wenn auch durchaus nur noch in verhaltener Form. Terpitz ging darauf wie folgt ein:
„Die Bebauung des Komplexes mußte in ihrer Baukörperbildung und im architektonischen Ausdruck an die Bebauung am Altmarkt anklingen, um die Einheitlichkeit der Bebauung im zentralen Bezirk nicht mit diesen Bauten gleicher Zweckbestimmung zu durchbrechen. Ein konsequentes Absetzen könnte höchstens bei Bauten besonderer Art und an speziellem Standort erfolgen. Trotzdem wurde versucht, die sich allerorts immer mehr durchsetzenden Erkenntnisse einer starken Vereinfachung aufzunehmen. Ist dieses Eingliedern und sich Bescheiden gelungen, so wird dies im Gesamtbild des neuen Dresden von morgen nur förderlich sein.“
1962 bis 1965 realisierte Terpitz als leitender Architekt zusammen mit Manfred Arlt und Kollektiv den Neuaufbau des Festsaalflügels des Neuen Rathauses. Der in der Bombennacht vom 13./14. Februar heftig zerstörte Festsaalflügel war ab 1948 in vereinfachter Form wiederaufgebaut wurden. Mit dem Neuaufbau erhielt das Stadtparlament wieder einen intakten Plenarsaal. Im Neubau wurden zudem noch ein neuer Festsaal und der Ratskeller untergebracht. Die Beauftragung des Entwurfsbüros mit dieser prominenten Aufgabe stand im Zusammenhang mit dem in Folge des V. Parteitags der SED im Juni 1958 gefällten Politbüroentschlusses, unter Einbeziehung oder Beseitigung der vorhandenen Ruinen historischer Gebäude die noch zerstörten Bereiche des Stadtzentrum Dresdens wieder aufzubauen. Die städtebauliche Überarbeitung sollte ursprünglich allein das Stadtplanungsamt unter der Leitung von Hans Bronder erstellen, in der Dresdner Bevölkerung als „Rotes Stadtbauamt“ bezeichnet. Da dieses aber in den Augen der SED nicht in der Lage war, mit der notwendigen Schnelligkeit und Rigorosität auf die neuen Beschlüsse zu reagieren, wurde auf direkte Weisung der SED-Stadtleitung eine „Brigade“ im Stadtplanungsamt installiert, die unter anderem aus Parteitagsdelegierten der SED bestand.
Terpitz’ Entwürfe aus der Zeit im Entwurfsbüro für Hochbau sind geprägt durch den Willen, alte Architekturelemente in die modernen Bauten einzubeziehen. Als Leiter eines BdA-Arbeitskreises setzte er sich für die Erhaltung oder Restaurierung historischer Bauwerke im Bezirk Dresden sowie für die Sanierung alter Stadtkerne unter Berücksichtigung der Erhaltung kunsthistorisch wertvoller Substanz ein. Dieses Gremium genoss in Fachkreisen so große Reputation, dass es vom Institut für Denkmalpflege gern für fachliche Unterstützung konsultiert wurde. In Zusammenarbeit wurden geborgene wertvolle Architekturschätze des alten Dresden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein besonders herausragendes Beispiel für diese fruchtbare Zusammenarbeit ist die Integration von aus Trümmern geborgenen Spolien in die Neubauten der östlich des Altmarktes errichteten Blockrandbebauung. So wurden beispielsweise Teile des Kinderfrieses von Christoph Walther I in das Eckhaus Gewandhausstrasse integriert.
Auf Grund seiner Verdienste um den Wiederaufbau des Stadtzentrums der Stadt Dresden wurde Terpitz 1966 zusammen mit Manfred Arlt der Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden verliehen.
Auch nachdem Terpitz wegen einer schweren Erkrankung nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren konnte, blieb sein Enthusiasmus und seine Hingabe für die Architektur ungebrochen. Mit Interesse verfolgte er weiterhin die Arbeit der Kollegen und nahm bis kurz vor seinem Tod 1967 an fast allen wichtigen Veranstaltungen der Bezirksgruppe des BdA teil.
Bauten und Projekte
- 1933–1934: Wettbewerbsentwürfe im zweistufigen Wettbewerb für die Reichsführerschule der NSDAP in Neu-Grünwald bei München (in Zusammenarbeit mit Hans Edlich)
- 1934–1935: Wettbewerbsentwurf für das Gauforum Dresden (in Zusammenarbeit mit Müller-Moreitz (Leipzig); ursprünglich für den 1. Preis vorgesehen, dann Ankauf außer Wertung)
- 1936–1939: Gemeinschaftssiedlung Dresden-Kaditz, Kötzschenbroder Straße (nach mit dem 1. Preis prämierten Wettbewerbsentwurf, zusammen mit Horst Grabner, ausgeführt vom Stadtplanungsamt Dresden)
- 1937: Wochenendhaus im „Garten in bewegtem Gelände“ auf der Dresdner Jahresschau „Garten und Heim“
- 1938: Genehmigtes Bauvorhaben für zwei Wohnhäuser, Dresden
- 1938: Genehmigtes Bauvorhaben für ein Zweifamilienhaus, Dresden
- 1939: Wettbewerbsentwurf für die Gemeinschaftsanlage in der Gemeinschaftssiedlung Dresden-Kaditz, Kötzschenbroder Straße (prämiert mit dem 1. Preis, zusammen mit Horst Grabner, kriegsbedingt nicht ausgeführt)
- 1951–1954: Institut für Anorganische Chemie der Bergakademie Freiberg (zusammen mit Otto Merwitz und Hellmuth Bräuer, Entwurfsbüro für Industriebau)
- 1953: Wettbewerbsentwurf für die weitere städtebauliche und architektonische Gestaltung des Zentralen Platzes in Dresden (Mitarbeit am Beitrag des Kollektivs Entwurfsbüro für Industriebau Dresden, unter der Leitung von Hellmuth Bräuer, mit Helmut Köckeritz, Hans Jährig, Rudolf Dietz und Hans Kranke, nicht ausgeführt)
- 1956–1958: Wohn- und Geschäftshäuser Weiße Gasse 1–8 und Ernst-Thälmann-Straße (Wilsdruffer Straße) 9–13 in Dresden (als kollektivleitender Architekt zusammen mit Gerhard Müller und Architektenkollektiv Entwurfsgruppe II, VEB Hochbauprojektierung Dresden)
- 1957: Bebauungsplan und Typenentwurf für das Wohnungs-Sonderbauprogramm in Dresden-Johannstadt (im Architektenkollektiv mit Wolfgang Hänsch und Johannes Rascher, VEB Hochbauprojektierung Dresden)
- 1957–1958: Wohn- und Geschäftshäuser Gewandhausstraße 1–7 in Dresden (als kollektivleitender Architekt zusammen mit Gerd Dettmar, Heinz Zimmermann und Architektenkollektiv Entwurfsgruppe II, VEB Hochbauprojektierung Dresden)
- 1958–1961: Wohn- und Geschäftshäuser Ringstraße 3–11 und Ernst-Thälmann-Straße (Wilsdruffer Straße) 3–7 in Dresden (als kollektivleitender Architekt zusammen mit Heinz Mersiowsky, Manfred Arlt und Architektenkollektiv Entwurfsgruppe II, VEB Hochbauprojektierung Dresden)
- 1959: Wettbewerbsentwurf für den "Ideenwettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für das Haus der sozialistischen Kultur – Dresden" im Kollektiv mit Wolfgang Hänsch, Gerd Dettmar und Günther Gruner
- 1962–1965: Neuaufbau des Festsaalflügels des Neuen Rathauses in Dresden (in neuer Entwurfsfassung, als kollektivleitender Architekt zusammen mit Manfred Arlt und Kollektiv)
- 1963–1965: Wiederaufbau des Landhauses als Museum für Geschichte der Stadt Dresden (als leitender Architekt zusammen mit Manfred Arlt und Kollektiv)
- 1963–1966: Wiederaufbau des Georgenbaus des Dresdner Schlosses (als leitender Architekt zusammen mit Manfred Arlt und Kollektiv)
Preise
- 1962: Karl-Friedrich-Schinkel-Medaille für Verdienste im BdA
- 1965: Medaille „Erbauer des Stadtzentrums von Dresden“
- 1966: Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden
Schriften
- mit Wolfgang Hänsch und Johannes Rascher: Wohnungs-Sonderbauprogramm in Dresden-Johannstadt. In: Deutsche Architektur. 6. Jahrgang 1957, Heft 3, S. 121 f.
- Aufbau der Ernst-Thälmann-Straße in Dresden. In: Deutsche Architektur. 9. Jahrgang 1960, Heft 4, S. 191 f.
Literatur
- Herbert Roth: Dresdner Jahresschau „Garten und Heim“. In: Innendekoration. Jahrgang 1937, Heft 7.
- Walter May, Werner Pampel, Hans Konrad: Architekturführer DDR, Bezirk Dresden. VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1979.
- Manfred Altner: Dresden. Von der Königlichen Kunstakademie zur Hochschule für Bildende Künste. Dresden 1990, ISBN 3-364-00145-6.
- Christiane Wolf: Gauforen – Zentren der Macht. Zur nationalsozialistischen Architektur und Stadtplanung. Verlag Bauwesen, Berlin 1999, ISBN 3-345-00694-4.
- Carl Hirschmann: Der Dresdner Wettbewerb. In: Deutsche Bauzeitung. Jahrgang 1935, Heft 25.
- Hans Reichow: Wettbewerb Adolf-Hitler-Platz in Dresden. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. 55. Jahrgang 1935, Heft 31, S. 593–602.
- Anna Teut: Architektur im Dritten Reich 1933–1945 (= Bauwelt-Fundamente, 19). Ullstein, Berlin 1967, ISSN 0522-5094.
- Otto Baer: Betrachtungen zum Städtebau in Dresden in den fünfziger Jahren (im Inhaltsverzeichnis benannt: Aspekte des Städtebaus in Dresden in den fünfziger Jahren). In: Dresdner Hefte. Nr. 28 (April 1991), ISBN 3-910055-12-5.
- Christine Hannemann: Industrialisierter Wohnungsbau in der DDR. Verlag Schiler, Berlin 2005, ISBN 3-89930-104-8.
- Tanja Scheffler: Charme und Esprit statt Monotonie. In: Wolfgang Kil (Hrsg.): Wolfgang Hänsch – Architekt der Dresdner Moderne. 2. Auflage. form+zweck Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-935053-53-2.
- Werner Durth, Jörn Düwel, Niels Gutschow: Architektur und Städtebau der DDR. Band 1. Ostkreuz: Personen, Pläne, Perspektiven. Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1998, ISBN 3-593-35933-2.
- Thomas Topfstedt: Der Wiederaufbau des Dresdner Stadtzentrums während der 1950er und 1960er Jahre. Urbane Muster der Nachkriegsmoderne in der DDR. In: Adrian von Buttlar, Christoph Heuter (Hrsg.): denkmal!moderne. Architektur der 60er Jahre. Wiederentdeckung einer Epoche. Jovis Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-939633-40-2.
- Jan von Havranek: Das neue Dresden 1919–1949. Dissertation. Dresden 2001.
- Holger Barth, Thomas Topfstedt u. a.: Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. Dokumentation eines IRS-Sammlungsbestandes biografischer Daten (= Dokumentenreihe des IRS. Band 3). Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, Erkner 2000, ISBN 3-934669-00-X.
- Matthias Lerm: Abschied vom alten Dresden. Verluste historischer Bausubstanz nach 1945. Forum Verlag, Leipzig 1993, ISBN 3-86151-047-2.
- Wolfgang Kil, Wolfgang Hänsch: Wir mussten doch zu Ergebnissen kommen! In: Wolfgang Kil (Hrsg.): Wolfgang Hänsch – Architekt der Dresdner Moderne. 2. Auflage. form+zweck Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-935053-53-2.
- Andreas Butter: Waldidyll und Fensterband. Die Moderne im Schulhausbau der SBZ/DDR von 1945 bis 1951. In: Holger Barth (Hrsg.): Projekt Sozialistische Stadt. Beiträge zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-496-01190-4.
- Susann Buttolo: Keine falsche Feierlichkeit, kein hohles Pathos. In: Wolfgang Kil (Hrsg.): Wolfgang Hänsch – Architekt der Dresdner Moderne. 2. Auflage. form+zweck Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-935053-53-2.