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Germany
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Hans Richard Brittnacher
Germanist

Hans Richard Brittnacher

The basics

Quick Facts

Intro
Germanist
Places
Work field
Gender
Male
Place of birth
Trier, Germany
Age
73 years
The details (from wikipedia)

Biography

Hans Richard Brittnacher (* 21. Dezember 1951 in Trier) ist ein deutscher Germanist und Professor am Institut für Deutsche Philologie an der FU Berlin.

Hans Richard Brittnacher

Schwerpunkt seiner Arbeit sind die Phantastik, die deutsche Literatur der Klassik, der Romantik und die Literatur um 1900.

Leben

Für Hans-Richard Brittnachers Biographie prägend waren die Jahre, die er an der Missionsschule St. Paul (Wengerohr, Eifel) der Steyler Missionare (SVD = Societas verdi divini) von 1961 bis 1964 verbracht hat, wo er „drei Jahre lang die Infamien mönchischer Niedertracht erlitt, gut Latein, Kirchengeschichte und Bibelkunde lernte, aber auch, jedem Wort aus priesterlichem Munde zu misstrauen. Die Zeit am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier, einem traditionsreichen konservativen Gymnasium mit reaktionären, z. T. noch nationalsozialistisch geprägten Autoritäten endete (nach Konflikten mit Lehrern, Mitarbeit an der Schülerzeitschrift und Aktivitäten bei der Beratung von Kriegsdienstverweigerern) mit seiner Relegation (1968)“. Danach folgte die autonome Vorbereitung auf ein externes Abitur (1972), Ersatzdienst, Arbeit in einer Buchhandlung. Ab 1972 Studium der Germanistik in Marburg, ab 1977 in Berlin.

Stationen des Berufslebens

  • Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin.
  • 1983–1985 und 1987–1989 Lektor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Bari (Italien)
  • 1994 Promotion
  • 2001 Habilitation
  • seit August 2002 Oberassistent am Institut für deutsche und niederländische Philologie, seit Oktober 2006 Lehrkraft für besondere Aufgaben
  • Erasmus-Kurzzeitdozenturen in Bern und Wien
  • Im Sommersemester 2003 Gastprofessur in Wien
  • Januar bis Mai 2005 Max Kade-Professur an der Duke University in Durham, North Carolina und an der University of North Carolina at Chapel Hill, North Carolina
  • 2006 Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Freien Universität Berlin
  • Im Sommersemester 2008 Stipendiat des Hamburger Instituts für Sozialforschung
  • Lehrtätigkeiten in der Ukraine, Kroatien, Polen, China, Indien
  • Eintritt in den Ruhestand 2018

Der Einsatz für die akademisch marginalisierte Phantastik

Hans-Richard Brittnacher ist ein leidenschaftlich und humorvoll vortragender und lehrender Mann des Wortes in Zeiten der plakativen Botschaften. Seine zahlreichen Veröffentlichungen umfassen Bücher, Aufsätze und Sammelbände zur Phantastik, zu Außenseitern und Minderheiten, vorzugsweise zu Themen, die die schöne Seele und der gesunde Menschenverstand im menschlichen Dasein nicht sehen und nicht wahrhaben wollen und die akademische Welt nicht in ihrem literaturwissenschaftlichen Kanon sehen möchte. Er erforscht so scheinbar abwegige Themen wie die Gattung des Kriminalromans, Opferphantasien in der Literatur des Fin de siècle, die profane Mystik, den Mythos des Zigeuners in Literatur, Film und Musiktheater. Er fundiert seine Interpretationen mit Einsichten der Psychoanalyse und Sozialwissenschaften und mit seinen Kenntnissen der Mythologie und Religion, vor allem aber aus einer grundsätzlichen Sympathie mit der Bemühung des Schreibens, mit dem Autor, dem Text, dem Buch. Bei allem Interesse an Kunst, Film und Fernsehen – vor allen Dingen den Serien des Qualitäts-TV als Fortführung der epischen Tradition – vertritt er die Kunst des Lesens.

Die 1994 im Suhrkamp Verlag erschienene „Ästhetik des Horrors“ wurde zu einem Standardwerk der phantastischen Literatur, das einen umfassenden Überblick über die Literatur des Hässlichen, des Bizarren, des Verrückten bietet. Das Werk behandelt in fünf Kapiteln die Topoi Gespenst, Vampir, Monstrum, Teufel, künstlicher Mensch.

Brittnacher beschäftigte sich aber auch ausführlich mit der deutschen Literatur des klassischen und romantischen Zeitalters sowie des Fin de siècle, vor allem mit Goethe, Schiller, Kleist, Rilke, Hofmannsthal und Joseph Roth, aber auch Autoren, die unbekannter oder vergessen sind. Dabei gilt seine Interesse und seine Sensibilität wiederum weniger dem, was sich als Schönes und Gutes leicht vertreten lässt, sondern den Tabubrüchen und Sonderbarkeiten, all dem, was ein Zwielicht auf das Glatte und Gefällige, das falsche oder unvollständige Dasein zu werfen vermag. Er rückt diejenigen nach vorne, denen auf dieser Welt nicht zu helfen ist und die in ihrer Phantasie in neue Welten aufbrechen, auch und gerade wenn sie dabei Schiffbruch erleiden. Sie sollen nicht wortlos untergehen.

„Hans Richard Brittnachers Zugriff auf die (nicht nur deutschsprachige) Literatur, aber auch auf die Bildende Kunst und den Film ist der eines Wissenschaftlers, der sich mit Leib und Seele seiner Sache verschrieben hat, eines Wissenschaftlers, der seine Existenz mit in die Waagschale wirft, wenn er denkt und schreibt. Ihm ist daran gelegen, dem Degradierten und Misshandelten, dem Archaischen und Kreatürlichen, das sich in und hinter den Produkten und Verfahrensweisen der Kultur verbirgt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, es im Sinne der aisthesis sichtbar und wahrnehmbar zu machen. Dabei ist immer auch Kunst im Spiel, denn Hans Richard Brittnachers wissenschaftliche Texte sind Sprachkunstwerke, die Leser und Zuhörer in ihren Bann ziehen.“

2013 wurde ihm als Anerkennung seines Einsatzes für die akademisch marginalisierte Phantastik (zusammen mit Markus May, München) die Herausgeberschaft des interdisziplinären Handbuchs "Phantastik" (Stuttgart 2013) angetragen.

Ausgewählte Werke

  • Ästhetik des Horrors. Gespenster, Vampire, Monster, Teufel und künstliche Menschen in der phantastischen Literatur. Suhrkamp: Frankfurt/Main, 1994, ISBN 978-3-518-38897-6.
  • Delirien des Körpers. Phantastik und Pornographie im späten 18. Jahrhundert. Hannover: Wehrhahn, 1998, ISBN 978-3-932324-53-6.
  • Erschöpfung und Gewalt. Opferphantasien in der Literatur des Fin de siècle. Köln, Weimar, Wien: Böhlau (Literatur – Kultur – Geschlecht, Große Reihe Bd. 18, hg. von Inge Stephan und Sigrid Weigel) [Habilitation], 2000, ISBN 978-3-412-08001-3.
  • Leben auf der Grenze. Klischee und Faszination des Zigeunerbildes in Literatur und Kunst. Göttingen. Wallstein, 2012, ISBN 978-3-8353-1047-6.
  • (Mhrsg.): Joseph Roth – Zur Modernität des melancholischen Blicks, hg. von Wiebke Amthor und Hans Richard Brittnacher. Berlin, Boston: Walter De Gruyter 2012, ISBN 978-3-11-028724-0.
  • (Mhrsg.): Experiment – Risiko – Selbstentwurf. Kleists Radikale Poetik, hg. von Hans Richard Brittnacher und Irmela von der Lühe. Göttingen: Wallstein 2013, ISBN 978-3-8353-1288-3.
  • (Mhrsg.): Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch, hg. von Hans Richard Brittnacher und Markus May. Stuttgart. Metzler 2013, ISBN 978-3-476-02341-4.
  • (Mhrsg.): Enttäuschung und Engagement. Zur ästhetischen Radikalität Georg Büchners. Hg. von Hans Richard Brittnacher und Irmela von der Lühe. Bielefeld: Aisthesis 2014, ISBN 978-3-89528-994-1.
  • Das Opfer der Anmut. Die Schöne Seele und das Erhabene in Kleists "Die Verlobung in St. Domingo". In: Aurora. Jahrbuch der Eichendorff-Gesellschaft für die Klassisch-Romantische Zeit 54 (1994), S. 167–189.
  • Wirkungsgeschichte Goethes in der Weltliteratur. In: Goethe-Handbuch, Bd. IV, 2: Personen, Sachen, Begriffe, hrsg. von Hans-Dietrich Dahnke und Regine Otto, Stuttgart: Metzler 1998, S. 1161–1187.
  • Friedrich von Schiller. Die Räuber. In: Schiller-Handbuch. Herausgegeben von Helmut Koopmann in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schillergesellschaft Marbach, Stuttgart: Kröner 1998, S. 326–353.
  • Friedrich von Schiller. Anmut und Würde. In: Schiller-Handbuch. Herausgegeben von Helmut Koopmann in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schillergesellschaft Marbach. Stuttgart: Kröner 1998, S. 587–609.
  • Die Zeit des Zauberschlafs. Ein Motiv romantischer Erzählkunst bei Ludwig Tieck und Washington Irving. In: Athenäum. Jahrbuch für Romantik 12 (2002), S. 133–154.
  • Antisemitismus und Liebesverrat in Raabes Holunderblüte. In: Horizonte verschmelzen. Zur Hermeneutik der Vermittlung. Festschrift für Hartmut Eggert zum 70. Geburtstag, hg. von Hans Richard Brittnacher, Matthias Harder, Almut Hille und Uschi Kocher. Würzburg: Königshausen & Neumann 2007, S. 75–86.
  • Betrug auf hohen Touren. Walter Serners Poetik sozialer Mobilität. In: Unterwegs. Beiträge zur Poetik des Vagabundentums im 20. Jahrhundert, hg. von Hans Richard Brittnacher und Magnus Klaue. Köln, Weimar: Böhlau 2008, S. 71–88.
  • Um die Kindheit betrogen – Kaspar Hauser und seine Geschwister Mignon und Meret. In: Kindheiten, hg. von Thomas Koebner. München: edition text + kritik 2013, S. 20–40.
  • Glanz und Elend der Mafia – THE SOPRANOS als Sittengemälde aus New Jersey. In: Die neue amerikanische Fernsehserie. Von Twin Peaks bis Mad Men, hg. von Claudia Lillge, Dustin Breitenwischer, Jörn Glasenapp und Elisabeth K. Paefgen. München: Fink 2014, S. 19–43.
  • „Mit einem Kuss verrätst Du mich?“. Judas im Film. In: H. R. Brittnacher (Hrsg.): Verräter. (Projektionen. Studien zu Natur, Kultur und Film). München: edition text+kritik 2015, S. 137–160.
  • Halten die Bilder der Wirklichkeit stand? Der Erste Weltkrieg in Kunst und Literatur. In: Jahrbuch der Bayerischen Akademie Schönen Künste 28 (2014), Göttingen: Wallstein 2015, S. 13–35.
  • Judas oder: Die Unvermeidlichkeit des Bösen. Literarische Lösungsversuche eines theologischen Rätsels. In: Religion und Literatur im 20. Und 21. Jahrhundert. Motive, Sprechweisen, Medien. Hg. von Robert Walter-Jochum und Tim Lörke. Göttingen: V&R unipress 2015, S. 17–32
  • Bastarde und Barbaren. Utopien des Hybriden in GOT. In: Die Welt von ‚Game of Thrones’. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf George R.R. Martins "A Song of Ice and Fire". Hrsg. von Markus May, Michael Baumann, Robert Baumgartner und Tobias Eder. Bielefeld 2016, S. 157–172.

Literatur

  • Susanne Scharnowski, Almut Hille und Wiebke Amthor (Hrsg.): Wilde Lektüren. Literatur und Leidenschaft. Festschrift für Hans-Richard Brittnacher zum 60. Geburtstag. Aisthesis, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-831-9.
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