Hans Heinrich Müller
Quick Facts
Biography
Hans Heinrich Müller (* 20. April 1879 in Grätz, Provinz Posen; † 7. Dezember 1951 in Berlin) war ein deutscher Architekt.
Leben
Nach dem Abitur und einem Praktikum im Eisenbahn-Ausbesserungswerk Breslau schrieb sich Müller im Herbst 1898 für das Studienfach Maschinenbau an der Technischen Hochschule (Berlin-) Charlottenburg ein. Nach einem Semester entschied er sich jedoch für ein Architektur-Studium, das er 1903 abschloss. Er strebte eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst an und arbeitete als Regierungsbauführer (Baureferendar) sowohl in der staatlichen Bauverwaltung als auch im privaten Architekturbüro von Alfred Breslauer und Paul Salinger in Berlin. Nach bestandenem 2. Staatsexamen erhielt Müller eine Stelle als Regierungsbaumeister beim preußischen Kultusministerium, ging jedoch bereits kurze Zeit später als Gemeindebaumeister in die damals noch politisch selbstständige Gemeinde Steglitz. Nach der 1920 erfolgten Eingemeindung von Steglitz nach Groß-Berlin wechselte er zunächst in die Bauverwaltung des Berliner Bezirkes Neukölln.
Schließlich wurde Müller 1924 Leiter der Bauabteilung der Berliner Elektrizitätswerk-Aktiengesellschaft (BEWAG). In dieser Position gestaltete er Umspannwerke und Schaltstationen der BEWAG in ganz Berlin und leistete dabei einen individuellen Beitrag zur deutschen Industriearchitektur der Zwischenkriegszeit, der spätestens seit der Buchpublikation über Müllers Schaffen 1992 (vgl. Literatur) entsprechende Beachtung findet.
Wie Karl Friedrich Schinkel und Friedrich Gilly bewunderte Müller die mittelalterliche Marienburg, deren Einfluss in Bezug auf Volumenkomposition, Formensprache und Detailausbildung vielfach variiert in fast allen Gebäuden Müllers sichtbar wird. Mit großem Gespür für Details und Materialbehandlung formulierte er sich bei jeder Aufgabe neu, verfeinerte seinen eigenwilligen, bildhaften Stil, eine Mischung aus radikaler, expressiver Moderne und märkischer Backsteingotik. Sachliche Lochfassaden kontrastieren mit subtilen Dachabschlüssen, abstrakte Pfeilerfronten mit Spitzbögen, Tordurchfahrten und Türmen.
Großer Einfluss seines umfangreichen Werks ist auf zeitgenössische Berliner Architekten des Rationalismus wie Hans Kollhoff oder Petra Kahlfeldt und Paul Kahlfeldt ablesbar.
Hans Heinrich Müller war in erster Ehe mit Luise geb. Mehring († 1922) und in zweiter Ehe mit deren Schwester Susanne geb. Mehring († 1950) verheiratet, zwei Nichten des Historikers und Publizisten Franz Mehring. Müller wurde 1951 auf dem Parkfriedhof Lichterfelde in Berlin-Lichterfelde bestattet, das Grab wurde 1972 eingeebnet.
Bauten
- 1909: Gemeindedoppelschule in Berlin-Steglitz, Markusplatz
- 1909–1910: Elektrizitätswerk Steglitz in Berlin-Steglitz, Birkbuschstraße (am Teltowkanal)
- 1911–1912: Gemeinde-Doppelschule in Berlin-Steglitz, Gritznerstraße 21/23 (heute: Dunant-Grundschule)
- 1914–1919: Wasserturm Steglitz in Berlin-Steglitz, Bergstraße (auf dem Friedhof Steglitz)
- 1924–1926: Umspannwerk in Berlin-Kreuzberg, Kottbusser Ufer/Paul-Lincke-Ufer
- 1924–1926: Umspannwerk ‚Humboldt‘ in Berlin-Prenzlauer Berg, Kopenhagener Straße 61
- 1924–1928: Umspannwerk Buchhändlerhof, Wilhelmstraße 43
- 1925: eigenes Wohnhaus in Berlin-Lichterfelde, Freiwaldauer Weg 32
- 1925–1926 Umspannwerk Wilhelmsruh in der "anderen" Kopenhagener Straße in Berlin-Wilhelmsruh
- 1925–1929 Umspannwerk Wittenau in Berlin-Borsigwalde, Breitenbachstraße 32
- 1925–1929: Erweiterung des Kraftwerk Rummelsburg in Berlin-Rummelsburg, Rummelsburger Landstraße 2–12
- 1926: Umformwerk ‚Koppenplatz‘ an der Berliner Auguststraße 56/57
- 1927: Stützpunkt ‚Karlsbad‘ in Berlin-Tiergarten, Am Karlsbad, abgerissen für Germania-Planungen
- 1927–1928: Stützpunkt ‚Christiania‘ in Berlin-Gesundbrunnen, Osloer Straße/Prinzenallee
- 1927–1929: Umspannwerk ‚Leibniz‘ in Berlin-Charlottenburg, Leibnizstraße
- 1928–1929: Umspannwerk ‚Scharnhorst‘ in Berlin-Wedding, Sellerstraße
- 1928–1929 Umspannwerk Uklei in Berlin-Haselhorst, Am Juliusturm 2-8
- 1928–1929 Umspannwerk Köpenick in Berlin-Köpenick, Lindenstraße 33
- 1933: Umspannwerk ‚Oberspree‘ in Berlin-Oberschöneweide, Wilhelminenhofstraße
sowie
- Umspannwerk ‚Richardstraße‘, Berlin-Neukölln
- Umspannwerk ‚Rummelsburg‘, Berlin-Friedrichsfelde, Rummelsburger Landstraße
- Umspannwerk ‚Marienburg‘, Berlin-Prenzlauer Berg, Marienburger Straße 16
Literatur
- Jörg Haspel: Elektropolis Berlin. Großkraftwerke und Großstadtdenkmalpflege. In: Walter Buschmann (Hrsg.): KohleKraftwerke. Kraftakte für die Denkmalpflege? Essen: Klartext, 1999.
- Paul Kahlfeldt: Hans Heinrich Müller (1879–1951). Berliner Industriebauten. Birkhäuser, Basel 1992, ISBN 3-7643-2760-X.
- Paul Kahlfeldt: Die Logik der Form – Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller. JOVIS Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-936314-08-3
- Franz Menges: Müller, Hans Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 398 f. (Digitalisat).
- Carmen Böker, Kathedralen des Stroms in: Berliner Zeitung, 16. und 17. April 2016