Agnes Pless
Quick Facts
Biography
Agnes Pless, geb. Strauß (* 1502 in Frankfurt am Main; † 4. März 1547) war eine Frankfurter Metzgerstochter und nach dem Tode ihres Mannes langjährige Mätresse des „Primas Germaniae“, Kardinal Albrecht von Brandenburg, an dessen Ablasspraxis sich die Reformation entzündete.
Leben
Pless war die Tochter des Frankfurter Metzgermeisters Hans Strauß (verstorben 1519) und wurde 1502 in Frankfurt am Main geboren. Ihre Mutter war Ottilie Strauß (geb. Semer), die zweite Frau von Hans Pless. Seine erste Frau, Agnes Pless, geb. Kohler, verstarb 1495 und er heiratete Ottilie im selben Jahr. Agnes wurde wohl nach dieser ersten Frau benannt.
Agnes Pless hatte einen jüngeren Bruder, Johannes Strauß, der 1546 Schultheiß zu Arnheim wurde und 1556 Bürger zu Hanau. Das Erbe seiner Schwester schlug er aus. 1521 heiratete Agnes Pless den Frankfurter Bürger Hans Pless, der vor 1527/28 starb und dessen Namen sie behielt. 1525 verkaufte sie mit ihrem Ehemann die ererbte Fleischschirn. Nach dem Tod ihres Mannes verschenkte Agnes ihr Elternhaus, neben dem Heilig-Geist-Hospital in Frankfurt gelegen, an die Frankfurter Armenfürsorge, den sog. Armenkasten. Danach sind ihre Spuren in Frankfurt nicht mehr aufzufinden. Ab 1527/8 tauchte sie in Aschaffenburg an der Seite Kardinal Albrechts von Brandenburg wieder auf, dem Ranghöchsten der katholischen Kirche im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation sowie Hauptgegner Martin Luthers im Streit um den Ablass und die Kirchenreform, dem Luther 1517 seine 95 Thesen in die Residenz nach Aschaffenburg geschickt hatte, die letztlich die Reformation auslösten.
Agnes Pless war die Mätresse Kardinal Albrechts bis zu dessen Tod im Jahr 1545. Sie war sehr wohlhabend, hatte Verwandte und Grundbesitz in Frankfurt am Main, Mainz, Landau, später Aschaffenburg und Halle a. d. Saale. Daher konnte sie auch dem Kardinal und anderen bekannten Bittstellern, wie dessen Hofmaler Simon Franck, einem Schüler von Lukas Cranach d. Ä., größere Geldbeträge leihen.
Sie hatte wohl eine sehr innige Beziehung zu Kardinal Albrecht, begleitete ihn auf Reichstage und nahm sich auch seiner Tochter Anna an, dem Kind aus der vorigen Liaison mit Elisabeth, genannt „Leys“ Schütz von Holzhausen. In ihrem Testament vermachte sie dieser Tochter Anna eine Kette mit Annas Bildnis. Anna heiratete später den erzbischöflichen Sekretär Joachim Kirchner und hatte zusammen mit ihm einen Sohn, Albrecht, der als Dreijähriger verstarb und dennoch – sehr ungewöhnlich für ein kleines Kind, noch dazu Abkömmling eines Bastards – ein Epitaph in der Aschaffenburger Stiftskirche erhielt. 1531/2 begleitete Agnes Pless Albrecht von Brandenburg nach Halle an der Saale. Dort erwarb sie für mehr als 2.000 Gulden ein Haus am „Alten Markt“, genannt „Zum grünen Hof“. Hier lebte sie zusammen mit ihrer Mutter und hielt prunkvoll Hof. Ihre Beziehung zu Albrecht war öffentlich bekannt. Sie bekam zum Beispiel auch Geschenke von mehreren Adeligen, zum Beispiel eine kostbare Perlenkette von Herzog Heinrich von Braunschweig Wolfenbüttel (1489–1568).
1541 verließ sie im Zuge des Reformationssieges Halle zusammen mit Albrecht und ihrer Mutter. Von dem Geld aus dem Verkauf des Grünen Hofes in Halle kaufte sie am 20. April 1542 in Aschaffenburg auf Vermittlung des Kardinals vom Aschaffenburger Stift St. Peter und Alexander ein Haus in der "Kleinen Webergasse", ließ es abreißen und sehr prächtig wieder aufbauen. Ihre Mutter starb am 25. Mai 1543 und erhielt ein Epitaph in der o. g. Aschaffenburger Stiftskirche. Agnes Pless wurde am Totenbett des Kardinals am 24. Sept. 1545 verhaftet, weil das Bistum Mainz mit ihrem Besitz ausstehende Forderungen an den Kardinal zu begleichen hoffte.
Ihr Testament lässt allerdings vermuten, dass man nicht an ihr gesamtes Vermögen herankam, denn sie starb trotz der Beschlagnahmungen sehr wohlhabend. Der Kunsthistoriker Walther Karl Zülch beschreibt in seiner Darstellung sehr detailliert, was an Geschmeide, Kleidung und Spezereien noch zu vererben war. Zudem vermachte sie Landgraf Philipp von Hessen, dem „Vorzeigeprotestanten“, 4.000 Gulden für dessen Spitäler, eine damals ungeheure Summe.
Kurz vor ihrem Tod, 1547, begab sie sich nach Frankfurt am Main zu einem florentinischen Kaufmann namens Lorenz Villani (1491–1559), der für die Florentiner Seidenhandlung Petrus Saliti in Frankfurt tätig war und auch Aufträge für Kardinal Albrecht übernommen hatte. Dort verfasste sie ihr Testament. Als Testamentvollstrecker setzte sie Philipp von Hessen ein.
Am 17. Februar 1547 heiratete sie in Rommershausen, laut Zülch „gebrochen von der mehrmonatigen Haft“, mit 45 Jahren den verarmten hessischen Adligen Raban von Holzheim. Zuvor trat sie zum Protestantismus über. Nur 14 Tage nach ihrer Hochzeit verstarb sie am 4. März 1547 aus ungeklärten Gründen. Der Witwer führte anschließend in Frankfurt einen mehrjährigen vergeblichen Prozess mit dem genannten Seidenhändler um die Herausgabe des Geldes seiner Frau.
Vorstellung
Während von der vorigen Mätresse Albrechts, Elisabeth, genannt Leys, Schütz von Holzhausen, mehrere Abbildungen existieren, gibt es von Agnes Pless kein einziges Bildnis, das sie nachweislich darstellt. Dafür ist eine Abschrift ihres Testamentes erhalten (das Original verbrannte wohl im Zweiten Weltkrieg) sowie der Bericht von ihrer Enteignung, den sie den Gesandten aus Magdeburg und Halberstadt gab, die ebenfalls noch Forderungen geltend machen wollten. Vor seinem Tod bestimmt Albrecht seine Geliebte zur Beginenmutter des Beginenkonvents in der Aschaffenburger Treibgasse. Allerdings haben Nachforschungen ergeben, dass die geplante Beginenniederlassung im Aschaffenburger Tiergarten (heutiges Schöntal) wohl aus Geldmangel nie gebaut wurde. Somit der Hinweis auf der dortigen Memorialtafel (s. Foto "Memorialtafel Ruine Schöntal) etwas irreführend ist.
Tatsächlich handelt es sich bei der heutigen Ruine lediglich um die Heilig-Grab-Kirche, die Albrecht von Brandenburg nach der Flucht aus Halle zu seiner Memorialkirche umgewidmet hatte, die allerdings nur ein Jahr in Betrieb war, von 1544 bis 1545, um nach seinem Tod zu Mainz geplündert zu werden und ein Jahr später im Schmalkaldischen Krieg ausgebrannt ist. Jahrelang wurde von der Forschung vermutet, die Stellung einer Beginenmutter habe Agnes Pless nach dem Tod Albrechts vor wirtschaftlicher Not schützen sollen. Die neuere Fachliteratur hat dargelegt, dass angesichts des im Testament dokumentierten Wohlstands von Agnes Pless wohl eher der (vergebliche) Versuch unternommen wurde, ihr durch eine gesellschaftlich anerkannte Stellung Schutz vor kirchlicher Verfolgung zu geben. Noch vor seinem Tod hatte der Kardinal seiner Lebensgefährtin empfohlen, sich nach Halle, an Johann Albrecht von Brandenburg, seinen Neffen und Nachfolger, um Hilfe zu wenden. Dazu kam es aber nicht mehr.
Literatur
- Ludwig A. Mayer: Die Schöntalruine in Aschaffenburg. Ein Gang durch ihre fast 500jährige Geschichte. Aschaffenburg 2007, ISBN 978-3-87965-109-2.
- Kerstin Merkel: Albrecht und Ursula. Eine Wanderung durch Literatur und Legendenbildung. In: Andreas Tacke (Hrsg.): »… wir wollen der Liebe Raum geben«. Konkubinate geistlicher und weltlicher Fürsten um 1500. (= Schriftenreihe der Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt. 3). Wallstein-Verlag, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0052-0, S. 157–187.
- Andreas Tacke: Die Aschaffenburger Heiliggrabkirche der Beginen. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. 1992, S. 195–239.
- Andreas Tacke (Hrsg.): Wir wollen der Liebe Raum geben. Konkubinate geistlicher und weltlicher Fürsten um 1500. (= Schriftenreihe der Stiftung Moritzburg. 3). Wallstein-Verlag, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0052-0.
- Andreas Tacke: Albrecht von Brandenburg und Agens Pless. In: Archiv für Kulturgeschichte. Band 72, H. 2, 1990, S. 347–365.
- Walter Karl Zülch: Der historische Grünewald. Mathis Gothard-Neithardt. 2., veränd. Auflage. München 1949.
Belletristik
- Ruth Elsholz: „O Mensch, bedenck das End!“ Aus den Memoiren der Lebensgefährtin Kardinal Albrechts von Brandenburg, aufgeschrieben von ihr selbst. 2., überarb. Auflage. Bielefeld 2017, ISBN 978-3-938969-56-4.