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Biography
Otto Hermann Steche (* 12. Oktober 1879 in Plagwitz (Leipzig); † 30. August 1945 im Krankenlazarett Treysa) war ein deutscher Mediziner, Zoologe, Pädagoge und Autor rassebiologischer Unterrichtstexte, die Vererbungslehre und Rassenanthropologie miteinander verknüpften und im übrigen alle damals gängigen rassischen und antisemitischen Stereotypen und Invektiven enthielten.
Familie
Otto Hermann entstammte einer wohlhabenden Familie. Er war der Sohn des Industriellen Otto Steche (1834–1908) und dessen Ehefrau Johanna, geborene Habenicht. Seine Großmutter war die Konzertsängerin, Leipziger Salonnière und Liszt-Freundin Lidy Steche. Sein Onkel war der Kunsthistoriker Richard Steche. Zu seinen Brüdern gehörte der Unternehmer Albert Steche. Ein Schwager war der Kirchenhistoriker Friedrich Loofs.
Otto Hermann Steche heiratete 1907 in erster Ehe Anna von Hase (1887–1918), Tochter des Leipziger Verlagsbuchhändlers und Inhabers von Breitkopf & Härtel Oskar von Hase (1846–1921). Seit 1920 war Steche in zweiter Ehe mit Caroline Remelé (* 1893), einer Tochter des Reichsgerichtsrats Ernst Remelé, verheiratet. Aus beiden Ehen gingen insgesamt sechs Kinder hervor.
Ausbildung
Nach dem Besuch der 4. Bürgerschule war er ab 1889 Schüler der Thomasschule zu Leipzig. Bereits als Gymnasiast zeigte er ein besonderes Interesse an den Naturwissenschaften. Mit Begeisterung las er die Bücher Darwins und Ernst Haeckels. Nach Ablegung der Reifeprüfung studierte er ab 1898 zunächst Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Nach bestandenem Physikum wechselte er an die Philipps-Universität Marburg, wo er sich insbesondere dem Studium der pathologischen Anatomie und Histologie unter Leitung Hugo Ribberts widmete. 1903 bestand er sein medizinisches Staatsexamen und studierte anschließend an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte. Im Sommer 1903 wurde er in Freiburg zum Dr. med. promoviert. Danach begann er seine zoologischen Studien in Freiburg, die er im Juli 1906 an der Universität Leipzig mit einer zweiten Promotion abschloss. Eine Weltreise führte ihn anschließend über Nordamerika, Japan nach China. Auf einer Inselgruppe des Malaiischen Archipels erforschte er dabei das Leuchten tropischer Lampyriden.
Beruflicher Werdegang
Akademische Karriere
Nach seiner Rückkehr im Frühjahr 1907 arbeitete Steche als Assistent am Zoologischen Institut der Universität Leipzig. Am 6. Februar 1909 erfolgte seine Habilitation und die Berufung als Privatdozent an die Philosophische Fakultät der Universität Leipzig. 1914 wurde er zum stellvertretenden Institutsleiter ernannt.
Von 1915 bis 1919 hatte er die stellvertretende Leitung des Zoologischen Instituts der Universität Frankfurt am Main inne, zugleich erhielt er einen Lehrauftrag als Privatdozent für Zoologie und vergleichende Anatomie. 1916 erhielt er das Prädikat Professor. Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs blieb Steche mit der Dienstbezeichnung außerordentlicher Professor zunächst weiterhin im Lehrbetrieb der Universität Frankfurt eingebunden.
1928 erhielt er auf eigenen Antrag einen erneuten Lehrauftrag für Zoologie an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig. 1934 beendete er seine akademische Lehrtätigkeit endgültig.
Pädagogische Tätigkeit
Die Zeit der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche nach dem Ersten Weltkrieg, sowie private Schicksalsschläge – 1918 starb seine Frau an einer Grippeepidemie – und eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Fortgang seiner akademischen Karriere führten bei Steche zu einer beruflichen Neuorientierung. 1921 gründete er das Landerziehungsheim Bergschule Hochwaldhausen, das kurzzeitig auch von Klaus und Erika Mann besucht wurde. 1924 legte er die Staatsexamensprüfung für das Höhere Lehramt in Gießen ab.
Steches Unterrichtsmethode war geprägt von akademischer Schulung. In Anlehnung an die Praxis der Odenwaldschule und des mit ihm befreundeten Paul Geheeb hob er dabei die festen Klassen auf und führte freie Kurssysteme ein. Die Kinder ließ er selbstverantwortlich in freien Gruppen arbeiten. Im Gemeinschaftsleben sah er einen stärkeren Erziehungsfaktor als im Unterricht selbst. Als die wichtigste Aufgabe eines Schulleiters galt für ihn seine eigene Persönlichkeit nach Möglichkeit in den Hintergrund zu stellen und Schüler wie Mitarbeiter so wenig wie möglich in der Entfaltung ihrer eigenen Kräfte zu beschränken. Auf Grund inflationsbedingter Schwierigkeiten musste er die Schule 1927 schließen.
Steche erhielt eine Anstellung als Studienrat an der reformpädagogisch orientierten Gaudigschule in Leipzig, an der er die Fächer Zoologie, Botanik, Chemie und Französisch unterrichtete.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
Mit Beginn der Herrschaft des Nationalsozialismus trat Steche dem Nationalsozialistischen Lehrerbund bei und gab mehrere Lehrbücher heraus, in denen er die nationalsozialistische Rassenideologie für den Unterricht an Mittel- und Oberstufen aufbereitete.
Im November 1933 gehörte er zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.
Im April 1934 wurde er durch das preußische Ministerium für Volksbildung zum kommissarischen Leiter der evangelischen Klosterschule Ilfeld berufen, die er in eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt umwandeln sollte.
Am 1. Januar 1936 trat er das Amt eines Studiendirektors am Naumburger Domgymnasium an. Ab 12. April 1937 wurde er zum Schulleiter dieser altehrwürdigen Bildungseinrichtung ernannt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Otto Steche auf Grund seiner Tätigkeit für die Nationalsozialisten aus dem Schuldienst entlassen und interniert. Er starb an den Folgen einer Sepsis im Kriegsgefangenenlazarett Hephata in Treysa, Abteilung für politische Gefangene.
Mitgliedschaften
- 1919 Johannisloge Goethe zur großen Feuerkugel in Leipzig
- 1924 Gründungsmitglied der Vereinigung der Deutschen Landerziehungsheime und freien Schulen
- 1933 Nationalsozialistischer Lehrerbund
Werke (Auswahl)
Hochschulschriften
- Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Muskeldefekte. Inauguraldissertation Medizinische Fakakultät der Universität Freiburg. Leipzig 1905.
- Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. Inauguraldissertation Philologische Fakakultät der Universität Leipzig. W. Engelmann, Leipzig 1907.
- Die Leuchtorgane von Anomalops katoptron und Photoblepharon palpebratus, zwei Oberflächenfischen aus dem malayischen Archipel. Habilitationsschrift Universität Leipzig. In: Jahrbuch für Anatomie und Ontogenese der Tiere. Bd. XIII, 1. Heft, Leipzig 1909.
Monographien und Lehrbücher
- Hydra und die Hydroiden. Eine Einführung in die experimentelle Behandlung biologischer Probleme an niederen Tieren. Privatdruck, Werner Klinkhardt, Leipzig 1911.
- Grundriss der Zoologie. Eine Einführung in die Lehre vom Bau und von den Lebenserscheinungen der Tiere für Studierende der Naturwissenschaften und der Medizin. Veit, Leipzig 1919.
- Vom Zellverband zum Individuum. Julius Springer, Berlin 1929.
- Gesundes Volk: Gesunde Rasse. Grundriss der Rasselehre. Quelle & Meyer, Leipzig 1933.
- Lehrbuch der Rassekunde, Vererbungslehre und Rassepflege für die Oberstufen der höheren Lehranstalten. Quelle & Meyer, Leipzig 1933.
- Leitfaden der Rassekunde und Vererbungslehre, der Erbgesundheitspflege und Familienkunde für die Mittelstufe. Quelle & Meyer, Leipzig 1934.
- mit: Erich Stengel, Maximilian Wagner: Lehrbuch der Biologie für Oberstufen und Gymnasien. 4 Bde. Quelle & Meyer, Leipzig 1939ff.
Aufsätze
- Denkschrift zum 25. Stiftungsfest der Johannisloge Goethe zur großen Feuerkugel in Leipzig. Leipzig 1909.
- in Zusammenarbeit mit Percy Waentig: Untersuchungen über die biologische Bedeutung und die Kinetik der Katalase. In: Zoologica: 67. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1912.
- Die Stellung des Darwinismus zur mechanistischen und vitalistischen Weltanschauung. Blazeck & Bergmann, Frankfurt am Main 1915.
- Bergschule Hochwaldhausen. In: Franz Hilker (Hrsg.): Deutsche Schulversuche. C. A. Schwetschke, Berlin 1924.
- Schullandheim am Auensee bei Leipzig. In: Theodor Breckling (Hrsg.): Der Reichsbund der deutschen Schullandheime. Illustriertes Handbuch. Kunst- & Verlagsbüro, Kiel 1930, S. 263.
Bearbeitungen
- Alfred Edmund Brehm: Brehms Tierleben. 4. vollständig neubearbeitete Auflage. Hrsg. von Otto zur Strassen. Bd. 3: Die Fische., neubearbeitet von Otto Steche unter Mitwirkung von Victor Franz. Bibliographisches Institut, Leipzig 1914.
Literatur
- Die Bergschule. In: Frankfurter Zeitung vom 31. Juli 1926, 2. Morgenblatt, o. S.
- Pädagogische Rundschau. Band 27, Ausgaben 1-6, A. Henn, Kastellaun 1973.
- Judith Gissing: Die Neugestaltung der Schulbücher für den Biologieunterricht im Dritten Reich. In: Judith Gissing: Rassehygiene und Schule im Dritten Reich. Inauguraldissertation. Medizinische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 2003 (PDF; 495 kB)
- Hans Christian Harten, Uwe Neirich, Matthias Schwerendt: Rassehygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs. Bio-Bibliographisches Handbuch. Akademie-Verlag, Berlin 2006.
- Martin Näf: Paul und Edith Geheeb-Cassirer: Gründer der Odenwaldschule und der Ecole d`humanité. Beltz, Weinheim und Basel 2006.
- Ehrenhard Skiera: Reformpädagogik in Geschichte und Gegenwart. Eine kritische Einführung. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2010.
- Peter Dudek: „Wir wollen Krieger sein im Heere des Lichts“. Reformpädagogische Landerziehungsheime im hessischen Hochwaldhausen 1911–1927. Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2013, ISBN 978-3-78151804-9.