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Aloys Wenzel Fürst von Kaunitz-Rietberg (* 19. Juni 1774 in Wien; † 15. November 1848 in Paris) aus der Linie Kaunitz-Rietberg-Questenberg war ein deutscher Standesherr und österreichischer Diplomat. Er war der letzte Graf von Rietberg.
Leben
Er war Sohn des Dominik Andreas von Kaunitz-Rietberg-Questenberg und der Bernardine (geb. Gräfin von Plettenberg-Wittem). Er selbst heiratete 1798 Franziska Gräfin Ungnad von Weissenwolf. Aus der Ehe gingen vier Töchter hervor. Das Ehepaar lebte später getrennt. Seine Schwester Maria Eleonore von Kaunitz-Rietberg (1775–1825) war die erste Frau von Klemens Wenzel Lothar von Metternich.
Im Jahr 1795 wurde er Mitglied des Reichshofrates. Bald darauf trat er in den diplomatischen Dienst ein und war Gesandter in Dresden, Kopenhagen (1801 bis 1804), Neapel (1805 bis 1807) und Madrid (1815 bis 1817). Er erhielt den St. Stephansorden und war von 1817 bis 1820 Gesandter beim Heiligen Stuhl in Rom.
Nach dem Tod seines Vaters erbte er 1812 dessen Besitz und Vermögen. Unmittelbar danach verkaufte er die Herrschaft Petschau, die sein Vater aus dem Questenbergischen Vermögen geerbt hatte. Die seit 1806/07 dem Königreich Westphalen zugeschlagene Grafschaft Rietberg fiel im Zuge des Wiener Kongresses an Preußen.
Als Standesherr behielt er einige Vorrechte. So hatte er erneut die Gerichtsbarkeit in der Grafschaft inne. Er begann aber, seinen Besitz um Rietberg zu verpachten. Die seit der frühen Neuzeit ebenfalls Ansprüche auf Rietberg erhebende Familie Liechtenstein meldete ihre Ansprüche an. Die gräflichen Güter verkaufte Fürst Alois 1822 mit den gutsherrlichen Rechten an den Rittergutsbesitzer Friedrich Ludwig Tenge. Mit dem Verkauf waren die Hoheits- und Gerichtsrechte nicht verbunden. Diese wurden vom preußischen Staat übernommen und fielen nach dem Tod des Fürsten auch rechtlich an diesen. Die Liechtensteinischen Ansprüche wurden erst 1834 vom preußischen Ministerium des Äußeren endgültig abgewiesen. Der Titel verblieb jedoch beim Haus Liechtenstein, so dass der Fürst zu Liechtenstein seitdem den Titel Graf zu Rietberg trägt.
Im Juli 1822 wurde Kaunitz in seinem Palais in der Dorotheergasse verhaftet und vor Gericht gestellt. Laut Anklage die auf „Schändung, Notzucht und Kuppelei in vielen Fällen lautete“, soll er mehr als 200 minderjährige Mädchen missbraucht haben. Er wurde im Hofmarschallzimmer des Polizeihauses, von einem Polizeidiener bewacht, gefangen gehalten. Der Prozess dauerte vom 8. Juni bis zum 10. September 1822, der Prozessakt war ein Jahrhundert lang gesperrt. Bald nach der Verhaftung brachte sein Schwager Fürst Metternich Antrag auf Haftentlassung und weiterer Untersuchung auf freiem Fuße ein. Der Kaiser selbst entschied das Hausarrestsgesuch des Fürsten positiv, wies die Behörden aber an, bei der Verhandlung nach dem Gesetz zu handeln. Kaunitz sagte zwar Kooperation zu, betonte aber seinen hohen Rang und die Unbrauchbarkeit der Aussagen, der als Zeugen auftretenden Missbrauchsopfer, weil die alle „niederer Herkunft“ waren. Das Kinderballett von Friedrich Horschelt, aus dem er viele der Mädchen geholt und auch weitergereicht hatte, wurde aufgelöst, der Fürst durch den Kaiser vom Hof und aus Wien, auf seine Güter nach Mähren verbannt.
Von 1808 bis 1813 beschäftigte er die Schauspielerin Katharina Ennöckl als Vorleserin. Sie kündigte offenbar ihre Stelle, als Kaunitz auch von ihr sexuelle Dienste verlangte, wie aus den Prozessakten von 1822 hervorgeht.
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Kaunitz, Alois Wenzel Fürst. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 11. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1864, S. 63 (Digitalisat).
- Erwin Matsch: Der Auswärtige Dienst von Österreich(-Ungarn) 1720–1920. Böhlau, Wien/Graz 1986, ISBN 3-205-07269-3.